Reportage

Nicht immer nur Fish & Chips

Eine Gourmetreise mit Ralf Nestmeyer. Der Englandkenner und Autor unserer Neuerscheinung »Cornwall & Devon« setzt sich mit einem alten Klischee auseinander und stellt fest, dass der erlesene Gaumenschmaus auch auf der Insel eine nicht unwesentliche Rolle spielt.


England gilt gemeinhin nicht als das Land der kulinarisch unbegrenzten Möglichkeiten. Nun, die Londoner Köche haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten ein internationales Renommee erarbeitet, doch in der Provinz dominieren Vokabeln wie »kidney pie«, »sausage«, »cod«, »chips«, »cabbage« und »peas« noch häufig die Speisekarten. Um so erfreulicher ist es, dass sich Cornwall und Devon zu einem Feinschmeckerparadies gewandelt haben.

Eine Vorreiterrolle spielte Rick Stein, der Mitte der 70er-Jahre in Padstow sein inzwischen legendäres »Seafood Restaurant« eröffnet hatte. Padstows Aufstieg zu einem der beliebtesten Ausflugsziele in Cornwall ist unmittelbar mit Steins Namen verbunden, so dass Zyniker schon davon sprachen, den Ort in »Padstein« umzubenennen. Der umtriebene Meisterkoch ist durch TV-Shows und die Veröffentlichung seiner Kochbücher in ganz England bekannt geworden: Zum »Steinimperium« gehören neben zwei Restaurants (»Seafood Restaurant« und »St Patroc’s«) mit angegliedertem Hotelbetrieb, ein Ferienhaus, ein Café sowie eine Patisserie, ein Geschenkladen, ein Delikatessengeschäft und selbst ein nobles Fish & Chips am Hafenparkplatz dürfen nicht fehlen. Auch in Bezug auf modernes Design erfüllen die Restaurants und Geschäfte höchste Ansprüche. Billig ist der Gaumenschmaus im »Seafood Restaurant« zwar nicht, doch die Investition lohnt sich. Lunch (drei Gänge £ 35), Dinner (vier Gänge £ 50), die Flasche Wein ab £ 22.

Im Windschatten von Rick Stein haben in Padstow weitere ansprechende Restaurants eröffnet, so das »Pescadou« oder das »No 6«, dessen mediterrane Küche auf biologischen Zutaten basiert. Ähnliches gilt für die Künstlerstädtchen St Ives, wo sich mit dem »Alba«, dem »Seafood Café« und dem »Porthminster Beach Café« drei weitere Gourmetrestaurants mit Schwerpunkt Fisch eröffnet haben. Gekocht wird »Modern British«, das Ambiente ist meist zeitlos modern mit einem Hang zum unterkühlten Design. Haute Cuisine und die abwechslungsreiche Küche der entlegensten Länder werden dabei zu einem multikulinarischen Gaumenschmaus vermengt. Oberstes Gebot ist die hohe Qualität der Zutaten. Möhren, Tomaten, Bohnen, Paprika, Auberginen und Spargel werden deshalb täglich frisch von den Londoner und Pariser Märkten besorgt. Vitamine sind mittlerweile auch auf der Insel begehrt. Wo die Zutaten früher geduldig zerkocht wurden, wird heute blanchiert, mariniert und gedünstet. Ebenso bekommt der Geschmack plötzlich einen ungewohnt hohen Stellenwert. In den Gewürzregalen, wo jahrzehntelang Salz- und Pfefferstreuer vereinsamten, stehen nun Dutzende von Gläsern mit Aufschriften wie Kurkuma, Nelken, Koriander und Safran.

Vor wenigen Monaten erreichte der Trend auch Devon, wo der bekannte Brit-Art-Künstler Damien Hirst im Sommer 2004 in Ilfracombe sein Restaurant »11 The Quay« eröffnete. Das mediale Echo war groß – verdientermaßen, wie sich schnell herausstellen sollte. Weder am Design noch an der Leistung des Küchenchefs gibt es etwas zu bemängeln. In der »White Hart Bar« im Erdgeschoß werden Tapas und Mezze serviert, die Gourmetträume werden einen Stock weiter oben im »Atlantic Room« befriedigt. Die Menüpreise beginnen ab £ 35.


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