Am 22. Februar 2011 Ortszeit (0.51 Uhr MEZ) wurde Christchurch von einem Erdbeben der Stärke 6,3 getroffen. Das offiziell als Nachbeben eingestufte Beben richtete enorme Schäden an (von 10 Milliarden NZ$ wird gesprochen) und forderte vor allem hunderte Todesopfer (derzeit 103 bestätigt, 300 weitere unter den Trümmern zu erwarten). Die Innenstadt ist komplett abgesperrt, die Kathedrale nach Einsturz des Glockenturms eine Halbruine. Wasser und Strom werden in einigen Stadtteilen auf Wochen nicht vorhanden sein. Zehntausende haben die Stadt verlassen und in anderen Orten vor allem der Südinsel vorläufiges Quartier bezogen. Aber die Aufräum- und Bergungsarbeiten haben bereits am Tag des Bebens begonnen und der Bürgermeister hat versichert, dass die Kathedrale, Symbol dieser schönen Stadt, wieder aufgebaut wird. Dennoch: von Reisen nach Christchurch ist abzuraten, anderswo läuft jedoch das Leben wie immer, der Flughafen ist geöffnet.

Als ich (Dietrich Höllhuber, Autor des Neuseelandführers in diesem Verlag) vom 15. bis 17. Februar Christchurch besuchte, machte ich zahlreiche Aufnahmen vor allem der historischen Gebäude. Die Aufnahmen selbst sind heute historisch: die Kathedrale hat keinen Turm mehr und die Westfront ist stark beschädigt, das Gebäude der Canterbury TV existiert nicht mehr, an die 130 Leichen liegen immer noch unter den Trümmern, das Arts Centre hat starke Schäden, das Hotel Grand Chancellor (wo ich beim letzten mal wohnte) droht zu kippen und wird wohl abgerissen werden müssen. In den Straßen nur Uniformierte – der gesamte Kernstadtbereich ist hermetisch abgeriegelt, die Menschen wurden evakuiert, ein Polizei- und Militärkordon umgibt die Innenstadt. Doch auch die Außenbezirke haben schwer gelitten, in Sumner gab es Erdrutsche, die ganze Häuser zudeckten, Wasser und Schlamm traten an Risszonen aus und überschwemmten ganze Viertel, Wasser gibt es nicht, auch nicht für Toiletten, in den ersten Tagen konnte man nicht telefonieren (jetzt geht es über Festnetz aber nur bei Telefonen mit Kabelverbindung). Mein Motel, wo ich auch meinen Koffer zurück gelassen habe (ich bin wie immer mit dem Fahrrad unterwegs) hat keine Schäden aber weder Wasser noch Strom (in vier Tagen werde ich dort zwei Nächte verbringen, bei jedem nächtlichen Gang muss man ziemlich weit laufen, um eine der in den Straßen aufgestellten Toiletten zu erreichen).
Lyttelton ist wieder durch den Tunnel erreichbar, der Hafen geöffnet, die kleine Stadt zerstört (die Timeball Station, die wegen Restaurierungsarbeiten gerade gesperrt werden musste, ist halb zerstört, die alten Häuser der Innenstadt sind Ruinen). Mein Radverleih existiert noch, ich habe also nicht das Problem wo ich Rad und Seitentaschen lassen soll bevor ich zur Nordinsel fliege, aber die Besitzer haben Freunde und Familie verloren. Eine meiner B&B-Wirtinnen telefonierte gestern mit ihrer Freundin in Christchurch, deren Tochter war mit ihrem wenige Monate alten Baby unterwegs. Shopping in der Cashel Mall, mitten in der Innenstadt. Als das Erdbeben begann schnappte sie das Baby, ließ den Kinderwagen stehen und lief zur nächsten Kreuzung. Von Trümmern getroffene, blutende Menschen riefen um Hilfe, sie dachte nur an ihr Baby – was ihr seither Angstträume verursacht und das Gefühl, versagt zu haben.
Vom Besuch der Stadt muss abgeraten werden, die Versorgung ist nach wie vor nicht gut (Brot ist kaum zu bekommen), die verbliebenen Motels sind überfüllt, jeder wird so schnell wie möglich aus der Stadt raus bugsiert. Der Flughafen ist geöffnet. Intercity und die Shuttles haben einen provisorischen Busbahnhof eingerichtet (den ich am Dienstag kennenlernen werde), das Leben muss irgendwie weitergehen.
Neues zu Christchurch nächste Woche wenn ich persönlich gesehen habe, wie die Situation ist. Dann auch den Umständen detailliertes Update.