Lesezeit: 1 minNachhaltig unterwegs

Teil 12: Wo der Kork herkommt
Zu Besuch im Museu del Suro an der Costa Brava

Jeder kennt Kork, das Material, aus dem Flaschenkorken, Pinnwände und unzählige andere Produkte hergestellt werden. Doch woher kommt Kork eigentlich? Ein kleines Museum in Katalonien, genauer gesagt in Palafrugell an der Costa Brava, widmet sich dem vielseitig verwendbaren Naturprodukt, das heute als nachhaltiger Alleskönner gilt. Untergebracht ist das Museu del Suro in der ehemaligen Korkfabrik des Ortes, wo im 19. Jh. Kork im großen Stil produziert wurde. Nicole Biarnés überarbeitet derzeit unseren Katalonien-Reiseführer und hat sich vor Ort umgesehen.

Portrait Nicole Biarnes
Reisebloggerin und Buchautorin Nicole Biarnés

Die malerischen Buchten Calella, Llafranc und Tamariu gehören zu Palafrugell, einem kleinen Ort an der Costa Brava. Untereinander sind sie mit dem Camí de Ronda verbunden, einem alten Pfad, auf dem einst Fischer und Schmuggler unterwegs waren und der heute zu den schönsten Wanderwegen der Küste zählt.

Calella de Palafrugell – Foto: Nicole Biarnés
Calella de Palafrugell – Foto: Nicole Biarnés

Während es in den kleinen Buchten außerhalb der Sommermonate eher ruhig zugeht, kann man im Zentrum von Palafrugell das ganze Jahr über zeitgenössische Kunstwerke in der Fundació Vila Casas bestaunen – oder dem Museu del Suro einen Besuch abstatten. Das kleine Korkmuseum ist in einem eleganten modernistischen Gebäude, der ehemaligen Korkfabrik Palafrugells, untergebracht. Die interaktive Ausstellung zeigt mit modernen Mitteln, wie das Naturmaterial Kork entsteht, wie es früher verarbeitet wurde und welchen Stellenwert es im Leben der Menschen von Palafrugell hatte.

Das Korkmuseum von außen – Foto: Nicole Biarnés
Das Korkmuseum von außen – Foto: Nicole Biarnés

Der lange Weg vom Baum zum Korken

Die Rinde der alzina surera, wie die Korkeiche auf Katalanisch heißt, wird im gesamten Mittelmeerraum schon seit vielen Jahrhunderten genutzt. Angeblich verwendeten schon die alten Römer Kork für die Sohlen ihrer Sandalen. Doch bis zur Massenproduktion von Flaschenkorken war es noch ein langer Weg. Erst als im 18. Jh. die Produktion von Wein und Champagner in Glasflaschen Fahrt aufnahm, begann auch in Palafrugell der Aufstieg des Korks.

Die Korkeiche – Foto: Nicole Biarnés
Die Korkeiche – Foto: Nicole Biarnés

Eine Karte im Museum zeigt, wo in Katalonien Korkeichen gedeihen und wo sie genutzt werden. Auf der Iberischen Halbinsel findet man die größten Korkeichenwälder im Süden, in Andalusien und Portugal, aber auch im Bezirk Baix Empordà im Südosten von Katalonien gibt es sie bis heute. Gewonnen wird der Kork durch das Schälen dieser Bäume. Die Korkgewinnung ist ein sehr langwieriger Prozess, denn die Rinde dient schließlich in erster Linie zum Schutz des Baums und muss erst einmal ungestört (nach)wachsen. Deswegen können Korkeichen auch nicht jedes Jahr geschält werden – die Rinde muss eine bestimmte Dicke erreichen, bis ein professioneller Schäler sie vom Baum abtrennen kann. Wie lange es dauert, bis diese Dicke erreicht ist, hängt vom Klima ab. In Palafrugell kann man die Korkrinde ca. alle 12 Jahre, in Andalusien und Portugal alle 8–9 Jahre ernten.

Flaschenkorken – Foto: Nicole Biarnés
Flaschenkorken – Foto: Nicole Biarnés

Doch bis aus der Baumrinde ein Champagnerkorken entstehen kann, dauert es manchmal Jahre, denn die ersten Schälungen weisen noch nicht die passende Qualität auf. Erst ab der dritten Schälung ist die Rinde gleichmäßig und feinporig genug, um als Verschluss für Cava- oder Champagnerflaschen zu dienen. Dafür muss ein Baum im Empordà also mindestens 36 Jahre alt sein.

Vielseitig verwendbar

Neben den vielen Ausstellungsstücken bietet das Museum Mikroskope, Filme, Hörsäulen, Spielecken und jede Menge Gelegenheiten, die verschiedenen Eigenschaften von Kork kennenzulernen und auszuprobieren – beispielsweise eine große Haube, die man sich über den Kopf ziehen kann, um die schalldämpfende Wirkung zu erleben. Und Kork kann noch viel mehr. Es ist ein sehr leichtes Material, schwimmt auf Wasser, ist schwer brennbar, wärmedämmend und elastisch. Außer für Flaschenkorken kam und kommt die Rinde der Korkeiche auch als Dämmmaterial, in Schuhsohlen, Taschen, in der Fischerei, für Tropenhelme oder die Helme der Bobbys zum Einsatz. Sogar Zigarettenfilter waren früher mit einer feinen Korkschicht ummantelt.

Selbst im Ballsport spielt Kork eine Rolle – Foto: Nicole Biarnés
Selbst im Ballsport spielt Kork eine Rolle – Foto: Nicole Biarnés
Kork unterstützt beim Fischfang – Foto: Nicole Biarnés
Kork unterstützt beim Fischfang – Foto: Nicole Biarnés

Korkproduktion im Wandel

An mehreren Stationen zeigt das Museum, wie sich die Korkproduktion im Laufe der Zeit veränderte. Anfangs wurde jeder einzelne Korken noch von Hand geschnitzt, doch bald kamen immer mehr Maschinen zum Einsatz. Während ein geschickter Korkmacher früher an die hundert Korken pro Tag herstellen konnte, verdreifachte sich diese Zahl mit dem Einsatz von Maschinen. Gleichzeitig wurde die Arbeit körperlich leichter, sodass auch vermehrt Frauen in der Korkproduktion beschäftigt wurden.

Penible Handarbeit – Foto: Nicole Biarnés
Penible Handarbeit – Foto: Nicole Biarnés

Bald schon wurden nicht nur Korken, sondern vor allem Dämmmaterialien für die Industrie hergestellt. In Palafrugell wuchsen die Fabrik und das Dorf drum herum stetig. Tausende Arbeiter und Arbeiterinnen, ganze Familien verdienten über mehrere Generationen hier ihren Lebensunterhalt. Als Mitte des 20. Jh. immer mehr Kunststoffprodukte in die Haushalte Einzug hielten, machte das den Korkproduzenten schwer zu schaffen. Das günstige, künstlich hergestellte Plastik verdrängte die Korkplatten weitgehend. Schließlich musste die Fabrik in Palafrugell schließen. Eine ganze Branche verschwand beinahe von der Bildfläche, doch zum Glück nur beinahe.

Früherer Arbeitsplatz – Foto: Nicole Biarnés
Früherer Arbeitsplatz – Foto: Nicole Biarnés

Ein nachhaltiger Alleskönner

Noch immer werden im Empordà Korkeichen geschält, und fast 70 % der Weinflaschen werden auch heute noch mit echtem Kork verschlossen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Klima- und Umweltschutzes könnte dieses wundervolle Material vielleicht bald wieder eine wichtigere Rolle spielen, denn Kork hat nicht nur tolle Eigenschaften, es ist vor allem nachwachsend und biologisch abbaubar. Ein echter Alleskönner also, und dabei nachhaltig!

Museu del Suro (Korkmuseum)
Placeta del Museu del Suro
17200 Palafrugell (Girona)

museudelsuro.cat

Wunderschöner Urlaubsort mit Geschichte: Calella de Palafrugell – Foto: Nicole Biarnés
Wunderschöner Urlaubsort mit Geschichte: Calella de Palafrugell – Foto: Nicole Biarnés

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