Lesezeit: 1 minTop Ten

Teil 48: Tal der Loire
Schlösser, Gärten, Höhlen und viel Wein

Das Loire-Tal im Nordwesten von Frankreich ist eine der reizvollsten Regionen des Landes. Frankreichs längster Fluss strömt durch eine atemberaubende Landschaft und vorbei an rund 400 Schlössern, die im Loire-Tal oder in den Nebentälern teils hoch über dem Wasser thronen. Zu Recht hat die UNESCO diese zauberhafte Gegend als Welterbe ausgezeichnet. Die weiten, naturbelassenen Flussauen, liebliche Weinberge, die imposanten Märchenschlösser und eine reiche Kultur machen die Region zu einem der größten Schätze Frankreichs. Bewundern kann man Europas letzten wilden Fluss auf dem Loire-Radweg, auf traditionellen Fischerbooten – oder aus der Vogelperspektive im Heißluftballon. Severine Wahl, Autorin des neuen Reiseführers zum Tal der Loire, hat die schönsten Ziele entlang des Königsflusses – streckenweise auf dem Fahrrad – erkundet und uns ihre Highlights verraten.

Portrait Severine Wahl
Autorin Severine Wahl

Severines Top Ten:

1. Chambord und Chenonceau: märchenhafte Schlösser

Rund 400 Schlösser erheben sich an den Ufern der Loire und ihrer Nebenflüsse. Die meisten sind aus leuchtend weißem Kalktuff erbaut, der in der Gegend vorkommt. Jedes ist ein Unikat und besitzt seinen eigenen Charme. Ein Muss ist Chambord, nach Versailles das meistbesuchte Schloss in Frankreich. Es ist das größte der Loire-Schlösser, erbaut unter König Franz I. im 16. Jh. und vollendet unter Ludwig XIV. Die doppelläufige Wendeltreppe im Donjon gilt als architektonisches Meisterwerk. Sie entstand nach einem Entwurf von Leonardo da Vinci. Zwei Leute können sie gleichzeitig hinauf- und hinabsteigen, ohne sich dabei zu begegnen. Die sog. Zaubertreppe führt zur Dachterrasse, von wo Besucher einen atemberaubenden Blick auf den großen Schlosspark haben. Mindestens genauso faszinierend ist das Château de Chenonceau. Das elegante Wasserschloss überspannt mit seinen Galerien den Nebenfluss Cher. Es wird auch als Schloss der Damen bezeichnet, denn in der Geschichte von Chenonceau spielten einige Damen eine bedeutende Rolle. Heinrich II. schenkte das Château seiner Geliebten Diana von Poitiers – sehr zum Ärger seiner Frau Katharina von Medici. Nach dem Tod des Regenten vertrieb sie ihre Nebenbuhlerin. Katharina von Medici war es auch, die die Galerien für ihre berüchtigten rauschenden Bälle errichten ließ.

Zwei Erwachsene und zwei Kinder blicken über einen Fluss auf ein Schloss vor blauem Himmel.
Château de Chambord: imposanter Anblick – Foto: Severine Wahl

2. Traumhafte Gärten in Chaumont-sur-Loire und Villandry

Doch was wären Schlösser ohne ihre Gärten? Sie sind oft wahre Kunstwerke, stecken voller Überraschungen und verleihen den Châteaux ein besonderes Flair. Hoch über der Loire liegt das Schlossareal von Chaumont-sur-Loire mit seinem weitläufigen Park. Ganzjährig sind dort Skulpturen zeitgenössischer Künstler zu bewundern. Von April bis Oktober dient ein großer Teil des Parks zudem als Gelände für eine internationale Gartenschau. Bemerkenswerte Gartenarchitektur bietet auch das Schloss von Villandry im Tal der Indre: Die terrassenförmig und geometrisch angelegten Gärten – riesige Gemüsebeete und Ziergärten – erstrecken sich auf drei Ebenen. Sie sind ein Muss für Gartenliebhaber.

Eine Person läuft in einem angelegten Garten einen Weg entlang.
Kunst und Natur vereint – Foto: Severine Wahl

3. Nantes: innovative Kunstmetropole

Die frühere Hauptstadt der Bretagne gehört zu den aufstrebendsten Städten in Frankreich – dynamisch, innovativ, mit edlen Restaurants und Kunst an jeder Ecke. Am rechten Loire-Ufer zieht sich die reizvolle Stadt den Hang hinauf. Hinter dem imposanten Schloss, der einstigen Residenz der bretonischen Herzöge, lugt die anmutige Kathedrale hervor. Unweit davon lockt das Kunstmuseum mit einer reichen, modernen Sammlung. Eines der schönsten Viertel ist die Île de Nantes mit den ehemaligen Werften und Hangars, in denen heute viel zeitgenössische Kunst und Begegnungsorte untergebracht sind. Auf der Insel dreht täglich der Grand Éléphant, eine wandelnde Steampunk-Skulptur, seine Runden. Der stählerne Dickhäuter ist das Maskottchen der Stadt und eine beliebte Attraktion.

Das Bild zeigt einen nachgebauten Elefanten aus verschiedenen Maschinenteilen. Auf Plattformen seitlich an seinem Körper stehen Menschen. Im Hintergrund ist eine Menschentraube zu erkennen.
Elefantenritt der anderen Art – Foto: Severine Wahl

4. Orléans und Tours: geschichtsträchtige Städte mit Fachwerkromantik

Beide Städte bieten hübsche Fachwerkhäuser, feine Kulinarik – und sind eng mit bedeutenden historischen Persönlichkeiten verbunden. Als einzige Stadt an der Loire kommt Orléans ohne Schloss aus. Dafür prägt die imposante, gotische Kathedrale die hübsche Universitätsstadt. Malerische Fachwerkhäuser säumen die Gassen der Altstadt und prunkvolle Gebäude aus hellem Tuffstein die Boulevards und Plätze. Sie beherbergen unzählige Restaurants und Weinbars. In der Altstadt ist Jeanne d’Arc bzw. Johanna von Orléans allgegenwärtig. Sie führte die französische Armee 1429 zum Sieg gegen die Engländer. An der Place du Martroi erinnert ein Reiterstandbild an die junge Heldin. In Tours, der einstigen Hauptstadt des französischen Königreiches, befindet sich das Grab des Heiligen Martin. Einst zogen zahlreiche Pilger durch die Sträßchen auf dem Weg dorthin, die Stadt wurde zu einem der wichtigsten religiösen Zentren des Abendlandes. Die prächtige Grabstätte befindet sich heute in der Krypta der Basilika Saint-Martin. In kulinarischer Hinsicht ist die Stadt berühmt für Rillette, einen schmackhaften Brotaufstrich aus Fleisch.

Im Vordergrund steht ein Reiterstandbild von hinten im Schatten. Im Hintergrund wird ein längliches Gebäude angestrahlt. Dahinter ragen drei Türme empor.
Jeanne d’Arc bzw. Johanna von Orléans – Foto: Severine Wahl

5. Faszinierende Höhlen für kleine und große Abenteurer

In den Tuffsteinhängen des Loire-Tals verbergen sich alte Stollen und Hunderte Kilometer lange Felsengänge und Höhlen. Der kalkhaltige, weiche Tuffstein war ein idealer Baustoff für die zahlreichen Schlösser, Kirchen und Häuser in der Region. Dank der höheren Luftfeuchtigkeit und konstant kühlen Temperaturen bieten die Höhlen heute ideale Voraussetzungen zur Lagerung von Wein und auch für die Zucht von Champignons und anderen Speisepilzen. In Montrichard und Saumur kann man solche Pilzzuchtfarmen besichtigen. Einige Höhlen halten regelrechte Spektakel bereit, etwa die Tropfsteinhöhlen von Savonnières am Fluss Indre in der Nähe von Schloss Villandry oder die teils riesigen Höhlen in Doué-en-Anjou. Am beeindruckendsten sind hier die Höhlen Le Mystère des Faluns, die mit Ton- und Lichteffekten kunstvoll in Szene gesetzt sind.

Verschiedene Figuren aus hellem Stein stehen unter einem Überhang aus Stalaktiten.
Beeindruckende Tropfsteinhöhlen – Foto: Severine Wahl

6. Radeln und Wandern in den Weinfeldern von Chinon und Saumur

Das Tal der Loire bietet mit den sonnenverwöhnten Plateaus und gut bewässerten Flussauen beste Voraussetzungen für den Weinanbau. Mehrheitlich werden Weißweine hergestellt, die Winzer rund um das Mittelalterstädtchen Chinon jedoch verwöhnen mit Rotweinen aus der feinen Rebsorte Cabernet Franc. Sie gedeiht rund um den Burgberg hoch über der Vienne sowie in der Umgebung von Chinon. Von hier lässt es sich herrlich an Weinstöcken entlang bis zum Rabelais-Museum radeln. Chinon selbst trumpft mit den gigantischen Ruinen der früheren Festung und dem noch erhaltenen Schlösschen innerhalb der Burgmauern auf.

Blick über einen Fluss auf eine Allee. Dahinter ragt ein Schloss empor.
Großartiger Blick auf Chinon – Foto: Severine Wahl

Unweit von Chinon wartet Saumur, die Perle des Anjou, mit herausragendem Schaumwein auf – dem herrlich prickelnden Crémant. Die Winzer in und um Saumur sind die größten Schaumweinproduzenten an der Loire. Bei Wanderungen durch die Weinfelder um Saumur kann man bei verschiedenen Winzern einen Zwischenstopp einlegen und ihn verkosten. In Saumur befindet sich zudem die berühmte Kavallerieschule Cadre Noir.

Hinter Weinreben kann man einen grauen Kirchturm erkennen.
Wandern und Wein – das passt. – Foto: Severine Wahl

7. Amboise: letzte Wirk- und Ruhestätte von Leonardo da Vinci

Die geschäftige Kleinstadt mit dem majestätischen Schlossberg und den schnuckeligen Boutiquen, Cafés und Restaurants ist der Touristenmagnet schlechthin. Das mag an der königlichen Residenz hoch über dem Fluss liegen, die als Renaissanceschmuckstück gilt. Und auch an dem berühmtesten Bewohner des Städtchens: Leonardo da Vinci. König Franz I. überließ seinem Lieblingskünstler das Schlösschen Clos Lucé am Rande der Altstadt zum Leben und Arbeiten. Ein Geheimgang verbindet es mit dem Königsschloss. Bis zu seinem Tod lebte da Vinci hier und arbeitete an Projekten für den Regenten. Sein Atelier ist originalgetreu rekonstruiert, ein Museum sowie ein originell gestalteter Park, gespickt mit kuriosen Maschinen, sind dem italienischen Genie und seinen Erfindungen gewidmet. Da Vinci ruht in der Kapelle des Königsschlosses. Außerdem steht eine überlebensgroße Skulptur auf der Loire-Insel gegenüber der Altstadt. Von dort bietet sich die beste Aussicht auf die Silhouette von Amboise.

Blick auf eine Wand, an der Skizzen hängen. Auf dem Tisch davor stehen Federkiele, Beschreibstoffe und Kelche.
Originalgetreu rekonstruiert: Leonardo da Vincis Atelier – Foto: Severine Wahl

8. Das königliche Kloster in Fontevraud-l’Abbaye

Europas größter Klosterkomplex liegt etwas abseits der Loire am Rande des Anjou. Die 14 ha große Anlage gleicht einer kleinen Stadt, in der man Stunden verbringen kann. Zu besichtigen sind etwa moderne Kunst in der Klosterkirche oder im angeschlossenen Museum, ein erstaunlicher Kapitelsaal mit wundervollen Fresken und ein prachtvoller Kreuzgang. Zudem befinden sich hier die Gräber von Heinrich II. von England und seiner Frau Eleonore von Aquitanien sowie von deren Sohn Richard Löwenherz. Die Herrscherdynastie der Plantagenêts war der Abtei eng verbunden und unterstützte sie großzügig. Nach der Französischen Revolution diente das Kloster als Gefängnis – eine der gefürchtetsten Strafanstalten Frankreichs –, das erst in den 1960er-Jahren aufgelöst wurde. Eine Ausstellung beleuchtet die spannende Geschichte des Klosters.

Ein Gebäude mit einen Anbau aus hellem Stein mit vielen kegelförmigen Dächern.
Erst Kloster, dann Gefängnis: die »Abbaye royale Notre-Dame de Fontevraud« – Foto: Severine Wahl

9. Angers: die Wiege der Plantagenêt-Dynastie

Das schmucke Städtchen am kurzen Loire-Nebenfluss Maine glänzt mit Häusern aus Tuff- und Granitstein, dazwischen setzen Fachwerkfassaden hübsche Akzente. Die alte Hauptstadt der historischen Region Anjou und der Stammsitz des Hauses Plantagenêt besitzt selbstverständlich auch ein Schloss, das von einer wehrhaften Mauer mit 17 bulligen Wehrtürmen umgeben ist.

Mehrere Menschen laufen durch ein Tor in einer Wehrmauer. Auf der Mauer ist die französische Flagge gehisst.
Imposant: die »Porte de Ville« von Schloss Angers – Foto: Severine Wahl

Es birgt einen einzigartigen Schatz: die gigantische Wandteppichserie »Apokalypse«, eines der bedeutendsten mittelalterlichen Kunstwerke. Einen modernen Gegenakzent setzen die Tapisserien »Le Chant du Monde« im Musée Jean-Lurçat auf der anderen Flussseite. Cafés, Weinbars und Biergärten beleben die quirlige Universitätsstadt, die zudem ein idealer Ausgangspunkt für Radtouren ins Hinterland ist.

Mehrere Personen stehen vor einer beleuchteten Wand an der ein Wandteppich hängt.
Die berühmten Tapisserien »Apokalypse« – Foto: Severine Wahl

10. Saint-Nazaire: Badeort mit Industriecharme

Wo die Loire in den Atlantik fließt, überspannt die spektakuläre Schrägseilbrücke Pont de Saint-Nazaire die Flussmündung. Von hier kann man bereits gigantische Ozeanriesen im Hafen erblicken. Saint-Nazaire ist ein bedeutender Produktionsstandort für Luxuskreuzfahrtschiffe. Neben Werksführungen werden auch geführte Spaziergänge durch die Docks angeboten, auf denen man beim Bau zuschauen kann. Die Hafenstadt ist außerdem für ihre alten U-Boot-Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg berühmt. Sie sind zu interaktiven Erlebnismuseen umfunktioniert worden. Ein echtes Highlight ist das U-Boot Espadon, das einst auf Expedition unter Packeis ging. Bei einem Rundgang durch das Tiefsee-U-Boot reisen Besucher zurück in die Vergangenheit. Abseits der Betonbunker lässt es sich an den Stränden von Saint-Nazaire wunderbar entspannen.

Das Bild zeigt eine kahle und löchrige Wand in einem Bunker. In der Mitte ist ein recheckiger Durchgang, rechts in der Ecke steht in schwarzen Buchstaben »11A«. Von oben wird mit bunten Lichtern ein Teil der Wand angestrahlt.
U-Boot-Bunker mit Farbakzenten – Foto: Severine Wahl

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