Wandern im Rabaçal
Durch Madeiras Lorbeerwälder
Madeira ist eine Wanderinsel und wird als solche immer beliebter. Besonders die zauberhaften Lorbeerwälder, die als UNESCO-Weltnaturerbe gelistet sind, ziehen alljährlich zahlreiche Reisende an. Im Naturschutzgebiet Rabaçal, einem der beliebtesten Wanderreviere der Insel, wird es mitunter richtig voll. Nun hat man für viele Wege eine Gebühr eingeführt, die dabei helfen soll, den Besucherstrom zu regulieren. Sven Bremer, der Autor unseres Madeira-Reiseführers, war schon viele Male auf der Insel und hat die schönsten Touren selbst ausprobiert. Im Rabaçal ist auch er besonders gerne unterwegs.
Wie ein dicker, schwerer Vorhang hängt der Nebel zwischen den Bäumen. Das Gurgeln der Levadas und das Rauschen von Wasserfällen untermalt die neblige Kulisse im Rabaçal, einem der beliebtesten Wanderreviere Madeiras. Der Rabaçal ist Teil der Lorbeerwälder Madeiras, die von der UNESCO bereits 1999 zum Weltnaturerbe erklärt wurden. Es regnet zwar nicht, aber die Luft ist so feucht, dass man ohne Regenjacke aufgeschmissen wäre. Waldbaden könnte man das vielleicht nennen. Dabei schien doch an der Straße auf der Hochebene Paul da Serra noch die Sonne. Aber das Wetter auf Madeira, insbesondere im Zentralgebirge und an der Nordküste, ist launisch. Vorsichtig macht man also einen Schritt nach dem nächsten durch die Nebelsuppe, weicht herabhängenden Ästen aus und springt auf dem Weg zum Risco-Wasserfall mit ein wenig Herzklopfen über die plätschernden Levadas.
Dieses weltweit einzigartige Netz von Wasserläufen versorgt die Madeirenser bereits seit Jahrhunderten mit Wasser. Über 2000 km ziehen sich die künstlichen Wasserstraßen über die Insel. Aber erst Ende des 20. Jh. hat man erkannt, welch grandiose Möglichkeiten die Levadas für Wanderer bieten. Das Gefälle der Wasseradern ist gering, sodass man in der paradiesischen Naturlandschaft entspannt auf den Versorgungswegen der Levadas entlangwandern kann.
Und dann, urplötzlich, als wäre ein Kulissenschieber am Werk gewesen, reißt der Himmel auf, und die Sonne setzt den Laurisilva mit all seinen Grüntönen ins schönste Licht. Die Tropfen auf den Blättern glitzern um die Wette, pelzige Flechten bewuchern die knorrigen Zweige der Lorbeerbäume, Moose die Felsen, und zum Rauschen und Gurgeln gesellt sich nun das Zwitschern der Vögel.
Jetzt, bei guter Sicht im Rabaçal, sieht man auch, was man am Parkplatz schon erahnen konnte: Es ist mal wieder Rushhour. An Madeiras Wander-Hotspots wandert man bisweilen im Gänsemarsch mit zahlreichen anderen Urlaubern. Auch deshalb ist die Regionalregierung Madeiras auf die Idee gekommen, auf den offiziellen Wanderwegen eine Gebühr zu erheben. Die ersten Versuche gab es bereits 2023 an der Ponta de São Lourenço. Dort stand plötzlich ein freundlicher älterer Herr mit einem Kartenlesegerät und verlangte Eintritt. Viele Touristen waren empört, nicht über die Gebühr an sich, sondern weil man nicht bar bezahlen konnte, das Lesegerät bei vielen Karten nicht funktionierte und sie ihre geplante Wanderung nicht machen konnten.
Inzwischen zahlt man über das Portal SIMplifica, das man sich auch als App aufs Handy laden kann. Man findet es auf der Website der Regionalregierung. Wer damit nicht klarkommt, erhält Hilfe in den Tourist-Infos. Seit dem 1. Januar 2025 jedenfalls müssen alle Wanderer ab 13 Jahren auf den 35 offiziellen Wanderrouten der Hauptinsel und auf drei Wanderrouten der Schwesterinsel Porto Santo eine Gebühr von 3 € entrichten. Die klassifizierten Wanderrouten (Percursos Pedestres Classificados) sind als PR abgekürzt und jeweils mit einer Nummer versehen. Auf der Website des IFCN (Instituto das Florestas e da Conservação da Natureza) kann man sich zudem informieren, welche Wege geöffnet und welche aktuell gesperrt sind.
Bei der Buchung über SIMplifica – mindestens 24 Stunden vor Antritt – muss man die geplante Route und die Anzahl der Wanderer angeben und sieht so auch gleich, wie viele Menschen sich für welche Tour angemeldet haben. Das soll mit dazu beitragen, dass die Routen nicht so überfüllt sind. Madeira boomt seit Jahren als Urlaubsziel; das spült einerseits Geld in die Kassen, sorgt andererseits für Umweltprobleme. Die viel frequentierten Wege müssen gepflegt werden, die Infrastruktur drum herum soll erhalten bzw. ausgebaut werden. Die Einnahmen aus der Wandergebühr werden für den Erhalt der Wanderwege, vor allem aber für den Schutz der einzigartigen Naturlandschaft Madeiras verwendet. „Schwarzwanderern“ droht übrigens eine Geldbuße von bis zu 50 €.
Eine Liste der kostenpflichtigen Wanderwege findet man unter ifcn.madeira.gov.pt/pt/atividades-de-natureza/percursos-pedestres-recomendados.html oder auf visitmadeira.com.
