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»Die vielleicht verkannte Schönheit der Heimat.«
5 Fragen an Bettina Forst

Bettina Forst hat zwei Wanderführer zum Schwarzwald und einen dritten zu den Chiemgauer Alpen für uns verfasst. Zwei weitere zur Schwäbischen Alb und zum Berchtesgadener Land sind in Planung. Im Interview erzählt die langjährige Südfrankreich- und Afrika-Reiseleiterin, was sie an der heimischen Natur so reizt, mit welchen Fallstricken man während der Niederschrift eines solchen Buches zu kämpfen hat, wie sich die vier Wanderregionen unterscheiden und weshalb der Chiemgau ein echter Superlativ ist.


1. Frau Forst, Sie haben bereits drei Wanderführer für den Michael Müller Verlag verfasst. Welche Fallstricke gibt es beim Erstellen eines solchen Buches? Woran kann man besonders gut scheitern?

Eine Nahaufnahme einer lächelnden Frau in Schwarzweiß. Sie trägt ein Kopftuch oder einen Bandana um den Kopf und eine Halskette mit einem Anhänger. Ihr Blick ist freundlich und sie scheint entspannt zu sein. Das Bild wirkt persönlich und nahbar.

Die größte Herausforderung beim Schreiben von Wanderführern hat sich für mich auch nach gut zehn Jahren als Autorin nicht verändert: Es ist die Kunst des Weglassens. An sich sollte ein Wanderführer so präzise wie möglich den Wegverlauf beschreiben, allerdings wird der Text dann zu sperrig, kaum mehr lesbar und vor allem versprüht er keine Lust mehr auf die Tour. Also heißt es, den Wegverlauf zusammenzufassen, zu straffen und unwichtige Abzweigungen links liegen zu lassen. Schließlich will niemand mit einem Wanderführer vor der Nase durch die Landschaft spazieren.


2. Der Schwarzwald und die Chiemgauer Alpen sind zwei Ihrer Lieblingsthemen. Warum eigentlich? Sind diese Gebiete nicht etwas langweilig? Gibt es dort überhaupt noch unbekannte Touren?

Ein ruhiger See spiegelt einen dichten, grünen Wald wider, der sich an den Hang eines Berges schmiegt. Am Ufer liegen einige Felsen im klaren Wasser. Der Himmel ist blau und sonnig, was eine friedliche Atmosphäre schafft. Das Bild vermittelt ein Gefühl von Natur und Ruhe.
Der idyllische Feldbergsee im Schwarzwald (Foto: Bettina Forst)

Langeweile kann es in der Natur kaum geben. So eine gewisse Strecke ohne aufregende Superlative hat auch etwas Wohltuendes, Entspannendes, Meditatives – abschalten vom Alltag und »sich einfach gehen lassen«. Konkret bietet der Schwarzwald herrliche Wasserfälle, Aussichtsberge, prächtige Almen, beachtliche Schluchten und eine hervorragende regionale Küche. Hält man sich fernab der Highlights – wie z. B. dem Feldberg, Belchen, Mummelsee oder der Wutachschlucht –, kann man in Ruhe die Landschaft genießen. Selbst Touren, die ich schon gut zwanzig Mal mit Gästen gegangen bin, begeistern mich immer noch.

Drei Raben sitzen auf einer grasbewachsenen Anhöhe. Im Hintergrund erstreckt sich eine weitläufige Berglandschaft mit schneebedeckten Gipfeln unter blauem Himmel. Die Szene vermittelt einen Eindruck von Freiheit und Weite in den Alpen. Das Bild fängt die Schönheit der Natur und die Ruhe des Berges ein.
Auf dem Sonntagshorn. (Foto: Bettina Forst)

Das Chiemgau hingegen ist für mich ein echter Superlativ, super schön, super abwechslungsreich, super alpin, super lieblich und super aussichtsreich. Die Chiemgauer Alpen bieten auf engstem Raum einfach alles, was das Wanderherz begehrt: bequeme Aussichtsberge, genussvolle Almen zur Einkehr, anstrengende Gipfeltouren, alpine Kraxeleinlagen, ein Alpenpanorama vom Feinsten und weite Blicke über den Chiemsee hinweg ins Alpenvorland. Und selbst in dieser sehr gut erschlossenen Region kennen die Einheimischen schmale Werge und nicht gekennzeichnete Pfade abseits der Hauptrouten, die fernab des Trubels ein weiteres Gesicht des Chiemgaus zeigen – und die es natürlich in den Wanderführer geschafft haben.


3. Auch Ihre nächsten Bücher werden in Deutschland »spielen«: »Schwäbische Alb MM-Wandern« und »Berchtesgadener Land MM-Wandern«. Was sollte man hier erwandern – und weshalb?

Ein beeindruckender Wasserfall stürzt in einen kleinen Teich herab, umgeben von üppigem Grün. Dichtes Laub säumt die Seiten des Wasserfalls und erzeugt ein kühles, schattiges Ambiente. Das Wasser scheint durch die Bewegung der Blätter leicht verschwommen zu sein. Die Szene vermittelt eine friedliche und natürliche Atmosphäre.
Der beeindruckende Wasserfall von Bad Urach (Foto: Bettina Forst)

Die Schwäbische Alb und das Berchtesgadener Land sind zwei sehr unterschiedliche Wanderregionen, nicht nur was die Höhenmeter, Kondition oder die Anforderungen betrifft. Die Schwäbische Alb ist etwas für Familien, Genusswanderer, stille Entdecker, Liebhaber von urwüchsigen Flussläufen, Höhlen, Meteorkratern, Maaren, ehemaligen Vulkanen, Schlössern und zahlreichen Burgen.
Das Berchtesgadener Land dagegen glänzt mit dem berühmten Königssee und Bergschönheiten wie Watzmann oder Hochstaufen. Neben den bekannten Klassikern bietet der Nationalpark schweißtreibende Touren für alpine Wanderer sowie reizvolle Routen im Schatten der großen Felsgipfel, z. B. entlang sonniger Almen, zu familientauglichen Aussichtsbergen wie der Kneifelspitze oder durch die grandiose Almbachklamm.


4. Sie sind eine leidenschaftliche Reiseleiterin und bereisen auch Südeuropa und den afrikanischen Kontinent. Was ist es, was Sie immer wieder zur Entdeckungsreise in die Heimat zieht?

Eine hohe, schroffe Felswand mit deutlichen Schichtungen dominiert die Szene. Am Fuß der Wand befindet sich ein flaches Gewässer, in dem sich mehrere Personen befinden. Üppige grüne Vegetation bedeckt den oberen Teil der Felswand und den umliegenden Hang. Der Himmel ist blau und sonnig, was auf einen warmen Tag hindeutet.
In der Wutachschlucht (Foto: Bettina Forst)

In einigen Regionen Südfrankreichs oder Afrikas fühle ich mich schon wie zu Hause – mit der Folge, dass ich mich dort besser auskannte als in meiner Heimat! Je mehr ich als Reiseleiterin unterwegs war, umso mehr wuchs der Wunsch, meine heimatlichen Gefilde genauer kennenzulernen.
Als süddeutsches Pflanzerl kannte ich einige Orte im Schwarzwald, in der Schwäbischen Alb, im Allgäu und Teile der Alpen schon seit meiner Kindheit. Doch die Eindrücke waren sehr punktuell und erschienen mir oberflächlich. Meine Neugier und Sehnsucht, die nähere und weitere Umgebung neu und intensiv zu erleben, konnte ich durch viele Wanderstunden stillen. Hier finde ich die vielleicht verkannte Schönheit der Heimat in verträumten Bachläufen, kleinen Kaskaden, prachtvollen Blumenwiesen oder aussichtsreichen Felsnasen.


5. Wenn wirtschaftliche Überlegungen keine Rolle spielen: Welchen Wanderführer würden Sie am liebsten schreiben?

Welchen Wanderführer ich am liebsten schreiben würde? Da gibt es keine Hitliste, da gibt es nur viele Ideen. Ich kann mir von Mallorca, Korsika über die Pyrenäen, La Reunion bis hin zum Pacific Coast Trail fast alles vorstellen. Ein paar Berge und Möglichkeiten zur zünftigen Einkehr: Mehr braucht es für mich nicht.

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