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Teil 37: Neue Erwerbszweige statt neue Harpunen
oder Wie aus Walfängern Walschützer wurden

Eine Frau mittleren Alters mit kurzen, blonden Haaren lächelt in die Kamera. Sie trägt eine pinkfarbene Bluse und eine feine Halskette. Im Hintergrund sind Büsche und ein heller Steinweg zu sehen. Das Bild wirkt freundlich und ungezwungen.


Der Walfang auf Madeira begann 1941 mit dem Einwanderer Luis Eleuterio dos Reis von den Azoren. Dort hatte die exzessive Jagd die Bestände dezimiert. Die erste Walfangstation entstand in Porto Moniz, im Nordwesten Madeiras. Später wurde das östlich gelegene Caniçal ihr Standort.
Hauptgrund für die Jagd auf die Meeressäuger war ihre 20 cm dicke Speckschicht. Der aus ihr gewonnene Tran ließ sich zu Industrieöl verarbeiten. Das Fleisch war nur Abfallprodukt, das sich allenfalls zu Mehl gemahlen als Dünger oder, mit Zusätzen versetzt, als Viehfutter verkaufen ließ. Aus den Knochen fertigte man Schnitzereien an, oder sie wurden, ganz prosaisch, als Zaunpfähle genutzt. Ganz selten fand sich in den Därmen eine der berühmten, in der Parfümherstellung begehrten Amberkugeln.


Der abgeschottete Ostzipfel der Insel

Eine dramatische Küstenlandschaft mit steilen, rostroten Felsen, die aus dem Meer ragen. Das Wasser ist blaugrün und leicht aufgewühlt, Wellen schlagen gegen die Felsen. Im Hintergrund erstreckt sich eine felsige Klippe unter einem bewölkten Himmel. Die Szene vermittelt einen Eindruck von Wildheit und Naturgewalt.
Die wilde vulkanische Nordküste von Madeira (Foto: Irene Börjes)

Viel verdienen konnte man mit dem Walfang nicht. Doch im abgelegenen Caniçal gab es außer der Fischerei keine Arbeitsplätze, und beim Walfang verdienten nicht nur die Schiffsmannschaften, sondern – durch die Verarbeitung – auch die anderen Mitglieder der Dorfgemeinschaft. Mit der Verbesserung der Verkehrsverbindungen und der Chance auf Arbeit außerhalb des abgeschotteten Ostzipfels schwand die Bedeutung des Walfangs. 1981, mit Portugals Unterzeichnung des Artenschutzabkommens, stellten die Walfänger ihre Arbeit ein, obwohl ihnen eine Übergangszeit gewährt wurde – sie waren die Jagd auf die friedlichen Tiere leid.
Schon Jahre zuvor hatten sie freiwillig auf das Fangen von Jungtieren und Weibchen verzichtet. Von diesem Schritt bis zur Wandlung der Walfänger in Walschützer war es nur noch ein kurzer Weg. Der frühere Kommandant der Walfangstation und Sohn ihres Gründers, Eleuterio Reis, wurde Mitglied der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere. – Anders seine einstigen Kollegen in Norwegen und Japan: Ihre Länder verweigerten sich dem Washingtoner Artenschutzabkommen, sie führen die Jagd auf Moby Dick bis heute fort, auch Island bleibt dabei. Allerdings jagen sie nicht im Ruderboot und mit der Handharpune, sondern von Fabrikfangschiffen mit elektronisch gesteuerten Schusswaffen oder Netzen …


Ein Walmuseum, auf das man stolz ist

Der Hafen wurde aus dem Ortskern weiter nach Osten verlegt, damit die Fischer von Caniçal, ähnlich wie in anderen Orten Madeiras, mit motorisierten Kuttern statt mit Holzruderbooten auf Fischfang gehen können. Östlich des steinigen Strandes präsentiert sich zudem als neuer Erwerbszweig für die Bewohner Caniçals eine große Werft, in der Traditionsboote wie auch supermoderne Jachten gewartet werden.
Ein Kiosk erinnert an die Zeit als Walfangort. Aus Walknochen gefertigte Schiffe und andere Souvenirs lassen sich hier erstehen. Eine Promenade führt am Strand entlang, auf dem noch einige der alten, bunt bemalten Holzboote liegen. Am westlichen Ende der Promenade schimmert Caniçals neue Badeanlage, wenige Schritte weiter der hypermoderne Bau des Museu da Baleia, des Walmuseums. Obwohl man auf die Vergangenheit stolz ist, geht es heute vor allem um den Schutz der arg dezimierten Tierbestände. Ein guter Ausgang für eine einstige Walfanginsel.


Walmuseum und Whale-Wachting

Ein großer, heller Museumsraum zeigt Modelle von Meerestieren, darunter ein Blauwal und verschiedene Wale. Die Ausstellungsstücke hängen an Seilen von der Decke. Im Hintergrund sind Bildschirme mit Unterwasseraufnahmen zu sehen und einige Besucher erkunden die Ausstellung. Der Raum wirkt modern und architektonisch interessant.
Tanz der Wale im Museu da Baleia (Foto: Irene Börjes)

Museu da Baleia (Walmuseum): Das 2011 in dem supermodernen Bau eröffnete Museum dokumentiert die Geschichte des Walfangs in Caniçal und um Madeira und befasst sich mit dem Schutz des Meeres, seiner Pflanzen und Tiere. Um die Größe der Wale zu zeigen, wurde eine Halle gebaut, in der in beeindruckender Weise mehrere Modelle der Meerssäuger in ihren natürlichen Ausmaßen (bis zu 20 m) wie im Meer schweben. Nicht versäumen sollten Sie, sich in den Nachbau eines U-Bootes zu setzen. Das Fenster dient als Leinwand für einen 3D-Film, mit dem man auf Unterwasserexpedition gehen kann.
Di-So 10.30-18 Uhr. Eintritt mit Audioführung (auch auf Deutsch) 10 €, Kinder 6-12 J. 6 €. Ermäßigung für Familien, Rentner, Stud./Jugendl. Am westlichen Ortsrand, oberhalb der Badeanlage, Rua da Pedra d’Eira, www.museudabaleia.org (auch auf Deutsch).

Walbeobachtung/Whale and Dolfin Watching: Ab der Marina von Machico starten täglich Ausfahrten zur Walbeobachtung. Weil das Walmuseum die Fahrten empfiehlt, kann man davon ausgehen, dass die Schutzbestimmungen für die Meeressäuger eingehalten werden.

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