Abseits der Routen

Teil 18: Lanzarote
oder Die kleine Schwesterinsel La Graciosa

Wenn wir für eines in unseren Büchern stehen, dann das: Sie dorthin zu führen, wo die versteckten Besonderheiten zu finden sind. Die Sand- und Wüsteninsel La Graciosa ist so ein Spot, den die wenigsten Reisenden auf dem Zettel haben. »Warum eigentlich?« fragte sich Eberhard Fohrer und hat eine tief beeindruckende Wüstenwanderung über das kleine Eiland unternommen, das seit 2018 offiziell als »Achte Kanarische Insel« gilt.


Die Welt hat bekanntlich viele Enden – hier am nordöstlichen Rande des Kanarischen Archipels liegt eines davon. Dieses Eindrucks kann man sich jedenfalls kaum erwehren, wenn man die Sand- und Wüsteninsel La Graciosa betritt …
Nach einer mehr als schaukeligen Überfahrt vom verschlafenen Hafenort Orzola an der äußersten Nordspitze Lanzarotes betreten wir: »die Anmutige« (= La Graciosa). Die weiße Hafensiedlung Caleta del Sebo ist auch gleichzeitig der einzige bewohnte Ort der »Achten Kanarischen Insel« – diesen offiziellen Status hat sich das nur 29 Quadratkilometer kleine La Graciosa erst 2018 erkämpft. Keine einzige Straße ist hier asphaltiert, abgesehen von der Hafenmole bewegt man sich ausschließlich auf Sandpisten – ein Hauch von Wildwest liegt in der Luft. »Was tun?«, spricht Zeus allerdings ziemlich bald, denn die Attraktionen in dem ruhigen Örtchen sind äußerst überschaubar – immerhin, der Blick auf die steile Wand des Famara-Gebirges auf der gegenüberliegenden »Mutterinsel« Lanzarote ist höchst beeindruckend.

Zwei Hauptrouten und drei Arten der Fortbewegung

Wer zu Fuß geht, erlebt mehr. Die Nachteile des Mountainbikings auf der Wüsteninsel (Foto: Eberhard Fohrer)
Wer zu Fuß geht, erlebt mehr. Die Nachteile des Mountainbikings auf der Wüsteninsel (Foto: Eberhard Fohrer)

Erstens also: Man kann organisierte Jeeptouren unternehmen. Zweitens werden überall Mountainbikes verliehen oder aber drittens – wir gehen zu Fuß. Ersteres scheidet aus wegen ökologischer Bedenken, zweites ist mühsam, denn in den verwehten Sandpisten bleiben die Räder immer wieder stecken. Wir entscheiden uns also für das klassische Wandern.
Die Frage ist nun: Süd oder Nord? Es gibt nämlich zwei Hauptrouten über die kahle Sandinsel mit ihren vier Vulkanen, die schon der große Naturforscher Alexander von Humboldt am 17. Juni 1799 auf seiner Südamerikareise betreten hat. Wir entschließen uns für Nord, etwa 4 Stunden soll diese Tour dauern – zunächst quer über die Insel an die zum Atlantik hin offenen Westseite, dann entlang der Nordküste und an der Ostküste zurück zum Hafen.

Die Dünenlandschaft mit den großartigen Stränden und dem Vulkan

Für Eberhard Fohrer einer der Top-Ten-Strände der Kanaren – die Playa de las Conchas auf La Graciosa (Foto: Eberhard Fohrer)
Für Eberhard Fohrer einer der Top-Ten-Strände der Kanaren – die Playa de las Conchas auf La Graciosa (Foto: Eberhard Fohrer)

Frisch ausgeruht laufen wir los und lassen uns von diversen Staub aufwirbelnden Jeeps und sportlich ausgerüsteten Mountainbikern überholen, dann wird es ruhiger. Nach etwa 1 Stunde erreichen wir den Westen und nun sind es nur noch etwa 20 Minuten bis zur fantastischen Playa de las Conchas, ein wirklich großartiger Strand mit weichen, hellbraunen Sanddünen und tollem Blick auf die vorgelagerte Insel Montaña Clara – auf den Kanaren gehört er zweifellos zu den Top Ten! Nach einem ausgiebigen Aufenthalt besteigen wir den rötlichen Vulkan Montaña Bermeja (»Rötlicher Berg«), der sich gleich hinter der Strandzone erhebt. Vom 157 Meter hohen Gipfel kann man den umfassenden Blick bis weit hinüber nach Lanzarote genießen.

Der Weg führt durch das verlassene Küstenörtchen Pedro Barba … (Foto: Eberhard Fohrer)
Der Weg führt durch das verlassene Küstenörtchen Pedro Barba … (Foto: Eberhard Fohrer)

Nun geht’s aber flinken Fußes weiter an der Nordseite von La Graciosa. Nach etwa 40 Minuten erreichen wir den Strand Playa del Ámbar (auch: Playa Lambra). Wer gedacht hat, die Playa de las Conchas wäre nicht zu toppen, der irrt, denn hier breitet sich eine fantastisch-weitläufige Dünenlandschaft mit Wüstencharakter aus. Schier unüberschaubar wirkt die bei Sonne gleißend helle Einöde, die sich Hunderte von Metern inseleinwärts zieht und mit Millionen weißer Schneckengehäuse bedeckt ist. Der Weg in Richtung Osten ist stark verweht, zeitweise kann man ihn nur erahnen – und die meisten Mountainbiker geben auf und schieben … Bald taucht im Osten die Felswand der Famara-Berge auf, an ihr kann man sich gut orientieren.

Zurück in die Zivilisation

… und zurück in die Zivilisation, wo man am Strand von Caleta del Sebo relaxen kann (Foto: Eberhard Fohrer)
… und zurück in die Zivilisation, wo man am Strand von Caleta del Sebo relaxen kann (Foto: Eberhard Fohrer)

Etwa 1 Stunde nach Aufbruch an der Playa de las Conchas ist Pedro Barba in Sicht, ein verlassenes Küstenörtchen, in dem heute nur einige Ferienhäuser vermietet werden – ein malerischer Fleck mit einigen verwehten Palmen und einem einsamen Ortsstrand. Der Weg führt nun als schmaler Pfad zunächst durch Lavafelsen direkt an der Küste entlang, dann wird es flach und sandig und etwa 1 Stunde später hat uns die »Zivilisation« wieder. Wohlig erschöpft lassen wir uns den »pescado a la plancha« (= gegrillter Fisch) schmecken, dann geht’s ins El Veril, ein Café, bei dem man in weichen Sitzgruppen direkt am Ortsstrand relaxen kann.
Fazit für uns: Eine unbedingt lohnende Wanderung durch wüstenhafte Szenerien, die man so nur selten erlebt, Nachahmung empfohlen.

Passend dazu