Abseits der Routen

Teil 33: Fuerteventura
Ein Hauch von Hollywood

Hollywood? Auf den Kanaren? Was sonst in New York als geführte Tour unternommen wird, kann man auf Fuerteventura selbst erleben. Indem man sich an die Drehorte berühmter Filme begibt. Dabei muss man die Blockbuster gar nicht mögen. Thilo Scheu beschreibt, was das Besondere dieser Orte ist, die an die Kargheit fremder Planeten erinnern und von denen man oft hervorragend in die Weiten des Universums blicken kann: aufgrund einer geringen Lichtverschmutzung.

Frischluft liebende Cineasten haben auf Fuerteventura die Qual der Wahl. Gibt es doch auf der zweitgrößten Kanareninsel unzählige ländliche und urbane Drehorte der internationalen Filmindustrie. Mal sind sie abgelegen wie auf einem anderen Stern, mal befinden sie sich mitten im touristischen Trubel. Schon seit Jahrzehnten nutzen Regisseure vor allem die bizarren, an riesige Wüsten erinnernden und oft menschenleeren Landschaften als Kulissen für bildgewaltige Filmszenen.

Zwei Blockbuster in karger Gegend

Für den Blockbuster »Eternals«, der im November 2021 erstmals über die Kinoleinwand flimmerte, machte die Filmcrew unter Regisseurin Chloé Zhao unter anderem in Buen Paso im westlichen Bergland der Insel halt. Für den von den Marvel Studios produzierten Streifen standen beispielsweise Salma Hayek und Angelina Jolie vor der Kamera. Ebenfalls ein Hauch von Hollywood wehte hier während der Dreharbeiten zum US-amerikanisch-britischen Bibelfilm »Exodus« von Ridley Scott, der ab 2014 in den Lichtspielhäusern auftauchte. Die faszinierende Gegend zeigt sich karg, felsig und mit üppigem Palmenhain. Wer Lust hat, kann direkt nach Buen Paso fahren oder von Vega de Río Palmas zur sehenswerten Ermita de la Virgin de la Peña wandern, einer beeindruckenden alten Kirche umringt von Palmengewächsen. Weiter abwärts in Richtung Westküste gelangt man am Ende des Tals nach Buen Paso. Dabei handelt es sich um eine kleine abgelegene Ansiedlung mit nur wenigen Häusern.  

Im Tal von Buen Paso, eine Landschaft wie gemacht für einen Bibelfilm_Copyright Thilo Scheu
Im Tal von Buen Paso, eine Landschaft wie gemacht für einen Bibelfilm (Foto: Thilo Scheu)

Fast wie auf einem anderen Stern

Fiktive Galaxien und reale Sets vereinten sich beim Dreh zur Produktion »Solo: A Star Wars Story« aus dem Jahr 2018, einer Weltraum-Sage, die vor den bekanntesten drei Teilen von »Star Wars« spielt. Als Außendrehorte dienten vor allem der Naturpark von Jandía. Die mit Grünzeug geizende und an einen anderen Stern erinnernden Sandlandschaft sowie der astronomische Aussichtspunkt von Sicasumbre dürften den Ausschlag gegeben haben. Der Mirador Astronómico Sicasumbre liegt im Süden rund 11 km von Pájara entfernt. Auf einem kurzen Spaziergang dorthin werden die Naturphänomene der Region an verschiedenen Stationen erläutert. So wird beispielsweise erklärt, dass die Ureinwohner die Sternenkonstellation nutzten, um die Zeit zu messen. Quellen berichten uns, dass sie Sonne und Mond von den Bergen beobachteten, die sie wiederum als heilige Orte zwischen Himmel und Erde ansahen. Einer dieser Berge ist der Montaña Cardón, der vom Aussichtspunkt gut zu erkennen ist.2015 wurde Fuerteventura sogar zur »Starlight Destination« erklärt. Fast über das gesamte Jahr ist es in vielen Regionen abseits der Tourismuszentren möglich, einen klaren Sternenhimmel zu betrachten: aufgrund fehlender Lichtquellen und einer geringen Luftverschmutzung.

Vom astronomischen Aussichtspunkt aus kann man sich sehr gut vorstellen, dass hier Raumgleiter von Star Wars über die Sandhügel düsen_Copyright Thilo Scheu
Vom astronomischen Aussichtspunkt aus kann man sich sehr gut vorstellen, dass hier Raumgleiter von Star Wars über die Sandhügel düsen (Foto: Thilo Scheu)

Tatort Fuerteventura

Aber auch deutsche Filmemacher schätzten Fuerteventura schon vor vielen Jahren. So drehte der vielfach ausgezeichnete Regisseur Matti Geschonneck in den 90er-Jahren einige Szenen des Tatorts »Tod einer alten Frau« im Süden der Vulkaninsel. Da schlendert der Berliner Schauspieler Günter Lamprecht im zweiten Teil des Films als Kommissar Franz Markowitz durch die Gassen von Morro Jable, trotz Hitze mit einem Trenchcoat bekleidet. Beim Spaziergang mit Hund Murphy schweift sein Blick über den leeren Strand bis hin zum Leuchtturm von Jandía. Kein Mensch weit und breit. Nur Sand, das Meer und ein paar weiße Häuser. Hier und da eine Hotel- und Appartementanlage …Von einer bis Jandía ausgebauten Uferpromenade mit Restaurants und Cafés, wie heute im Jahr 2022, keine Spur. Morro Jable erweckte in den 90ern den Eindruck eines verschlafenen Dorfs.

In Morro Jable ermittelte einst ein Tatort-Kommissar mit Trenchcoat den Tod einer alten Frau ... Copyright Thilo Scheu
In Morro Jable ermittelte einst ein Tatort-Kommissar mit Trenchcoat den Tod einer alten Frau … (Foto: Thilo Scheu)

Fernab des Mainstreams

Nach Fuerteventura zog es auch den deutschen Regisseur Klaus Lemke. Nicht jeder Cineast kennt ihn, und doch ist er in der deutschen Filmszene eine kreative und unangepasste Größe fernab des Mainstreams. Auf Fuerteventura drehte Lemke unter anderem in La Pared im Café Plan B, bekannt für seine ausgezeichneten hausgemachten Kuchen. Entstanden sind Szenen des Films »3 Kreuze für einen Bestseller«, der auf der Viennale 2011, dem internationalen Wiener Filmfestival, der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die schwarze Komödie dreht sich um eine junge Autorin, die ihrem Freund Enthaltsamkeit verordnet und sich nach Fuerteventura absetzt, um dort ihren ersten Roman auf Papier zu bringen, skurrile Überraschungen inklusive.Der Ort La Pared offenbart sich an der einsamen Westküste direkt am Meer abseits der Tourismusströme. Er ist einer der besten Wavespots Europas und findet seine Gäste eher unter wasser- und windliebenden Sportlern und Ruhesuchenden. Für Nächtedurchmacher und Freunde von Hotelanlagen mit mindestens 200 Zimmern ist La Pared die falsche Wahl.  

Cafe Plan B hat sich Klaus Lemke für einige Szenen einer schwarzen Komödie ausgeguckt_Copyright Thilo Scheu
Das Cafe Plan B hat sich Klaus Lemke für einige Szenen einer schwarzen Komödie ausgeguckt (Foto: Thilo Scheu)

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