Auf der Sonne ganz oben
Eine Fahrt auf Stockholms 85 Meter hohen Globen
+++ Steckbrief +++
WO? Avicii Arena, Globentorget 2 +++
WANN? Montag bis Samstag 10–16 Uhr +++ Fahrten alle zehn
Minuten +++
WIE LANGE? 20 Minuten +++
WIE VIEL? 180 Kronen, Kinder bis 12 Jahre 140 Kronen +++
Tickets buchbar unter stockholmlive.com/en/your-visit/skyview +++
1989
veränderte sich die Silhouette Stockholms markant. Zu all den hohen, langen Kirch-, Fernseh- und Rathaustürmen gesellte sich ein kugelrunder Kompagnon hinzu. Südlich von Södermalm wuchs der Globen heran, das weltweit größte sphärische Gebäude. 110 Meter misst die kugelförmige Veranstaltungsarena im Durchmesser. Ihre weiße Außenhaut aus Beton, Metall und Glas ist weithin in der Stadt zu sehen. Hier rocken die großen Bands der Welt auf der Bühne, es werden Eishockeymatches ausgetragen, der Eurovision Song Contest fand hier schon statt, und auch der Papst hat bereits vorbeigeschaut, um zu predigen. Der Globen ist ein wahres Allroundtalent. Mich interessiert heute aber nicht das Innenleben der Kugel, sondern die Außenwand. Seit 2010 kann man nämlich in einer kleinen Gondel, auch diese kugelrund, an der gekrümmten Wand entlang bis zum obersten Punkt fahren.
Bevor es hinaufgeht,
wird allen Fahrgästen ein kurzes Informationsfilmchen gezeigt. Hier erfahre ich, dass der Globen innerhalb von acht Stunden von einer Eishockeyarena zu einer Konzertbühne umgebaut werden kann. Dass jährlich 150.000 Würstchen hier und im angrenzenden Tele2-Stadion verkauft werden. Dass im Globen 17.000 Fans Metallica zujubelten. Zuschauerrekord. Nach dem Film darf ich zusammen mit den anderen Besuchern in die bis auf den Boden komplett verglaste Aufzugkabine einsteigen, in der bis zu 16 Personen Platz finden. Und schon geht es los: Das Dach über der Gondel öffnet sich, langsam steigt sie in die Höhe. Die Menschen auf dem Vorplatz des Globen werden kleiner, wir lassen die ersten Dächer unter uns, dann das Tele2-Stadion. Entlang der Rundung des Kugeldachs schiebt sich die Gondel weiter nach oben, bis sie schließlich 85 Meter über dem Boden den Scheitelpunkt erreicht hat. Hier eröffnet sich mir nun eine grandiose 360-Grad-Rundum-Perspektive. Ein strahlend blauer Himmel, darunter das goldene Dach des Rathausturms und der rötlich schimmernde Turm der Sofia-Kirche auf Södermalm. In der Ferne ragt der Fernsehturm Kaknästornet auf. Selbst die Schären sehe ich weit im Osten vor mir, dazwischen glitzerndes Meer.
Ich entdecke den Hügel
Hammarbybacke, den ich wenige Tage zuvor mit dem Downhillbike hinuntergerauscht bin und der aus dem Bauschutt des Globen entstanden ist. Etwas weiter südlich erstreckt sich der leuchtend grüne Waldfriedhof. Welch prächtige Farben … auf den Schautafeln in der Kabine. Sie zeigen dem Fahrgast, was wo liegt. In meiner Realität jedoch: alles grau. Es regnet, die Wolken hängen tief. Von den Schären kann ich nur etwas erahnen, den Rathausturm erkenne ich im Dunst, golden ist da aber nix. Wieder mal werde ich an die Stockholmer Weisheit erinnert: Gehe an den Regentagen ins Museum. Und nutze jeden Sonnentag, um draußen zu sein – oder eben auf das Dach des Globen zu fahren. Aber auch wenn die Sicht bei klarem, wolkenlosem Wetter wohl besser ist, toll fühlt es sich trotzdem an, hier, ganz oben auf der Sonne. Genau dort befinde ich mich nämlich, denn der Globen ist Teil des Sweden Solar Systems, eines maßstabsgetreuen Modells des Sonnensystems. Die runde Arena stellt dabei das Zentralgestirn dar, die Erde befindet sich im Naturhistorischen Museum – mit einem Durchmesser von gerade einmal 65 Zentimetern. Selbst bei Sonnenschein wäre sie von hier aus nicht zu sehen.
Wenn man schon mal hier ist:
Neben dem Globen gibt es mit Hovet, Annexet und dem Tele2-Stadion drei weitere große Arenen auf dem Gelände. Ein Blick in den Veranstaltungskalender (www.stockholmlive.com) lohnt sich. Nur wenige Minuten zu Fuß oder mit der Tram sind es zum neuen, trendigen Stadtteil Hammarby Sjöstad nordöstlich des Globen.
Dies ist eine der Entdeckertouren in Stockholm, die außergewöhnlich sind und abseits der Routen stattfinden, aufgeschrieben von Reisebuchautor/innen Antje und Johannes Möhler. Der Artikel ist erschienen in Stockholm – mal anders innerhalb der Reihe »mal anders«.
