Lesezeit: 1 minAbseits der Routen

Teil 47: Umbrien
Ein Tag im Südwesten Umbriens: Etrusker, Eier und Entschleunigung

Umbrien, das „grüne Herz“ Italiens, hat weit mehr zu bieten als die Empfehlungen der klassischen Reiseveranstalter. Wer sich Zeit nimmt, vielleicht sogar mit dem Fahrrad unterwegs ist, macht die Erfahrung, dass Umwege die interessanteren Wege sind. Petra Regensburger, Co-Autorin unseres Umbrien-Reiseführers, wohnt seit fast 30 Jahren in der Nähe von Orvieto und ist in ihrer Umgebung auf versteckte Perlen gestoßen.

Portrait Petra Regensburger
Co-Autorin Petra Regensburger

Das auf einem gewaltigen Tuffsteinblock thronende Städtchen Orvieto zählt neben Perugia und Assisi zu den beliebtesten Zielen in Umbrien. In der näheren Umgebung reihen sich malerische Orte aneinander, die allmählich aus ihrem touristischen Dornröschenschlaf erwachen. Bisher zieht der Südwesten Umbriens vor allem einheimische Urlauber und Naturliebhaber an, die entschleunigtes Reisen schätzen. Hier gibt es kein Gedränge. Stattdessen genießen Besucher entspannt die sprichwörtliche umbrische Herzlichkeit.

Eine verwinkelte Gasse mit Häusern aus Travertinstein.
Montecchio: einer der schönsten Orte Italiens – Foto: Petra Regensburger

Etwa 25 km südöstlich von Orvieto liegt Montecchio, eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Ortschaften im Tibertal und stolzes Mitglied der „Borghi più belli d’Italia“, der schönsten Orte Italiens. Am Ortsrand residiert der Vecchio Frantoio Bartolomei, ein traditionsreicher Familienbetrieb, der bereits in der fünften Generation erstklassiges Olivenöl produziert. Direkt an die hochmoderne Mühle schließt sich die einladende Oleoteca an, wo Interessierte verschiedene Degustationspakete genießen können (oleificiobartolomei.it). Das liebevoll gestaltete hauseigene Museum sollte man sich nicht entgehen lassen; es lässt die faszinierende Geschichte der Ölherstellung seit dem späten 19. Jh. lebendig werden.

Eine historische Maschine mit deren Hilfe Olivenöl hergestellt wurde.
Ausstellungsstück im hauseigenen Museum – Foto: Petra Regensburger

Unterhalb von Montecchio wurde eine der weitläufigsten prärömischen Grabstätten Umbriens ans Licht gebracht. Die Necropoli del Vallone di San Lorenzo ruht friedvoll und freundlich inmitten von Steineichen und Wacholdersträuchern. Vom Ortszentrum aus führt ein halbstündiger Fußweg zu diesem historischen Schatz. Am Ziel angekommen, darf man sich über einen lauschigen Picknickplatz freuen – wohl eine Hommage an das lebensfrohe Etruskervolk.

Zwei Höhleneingänge, die durch eine helle Sandsteinwand getrennt sind.
Prärömische Grabstätte – Foto: Petra Regensburger

Nach einer knappen Viertelstunde Autofahrt gen Norden erhebt sich das schmucke, ebenfalls mittelalterliche Örtchen Civitella del Lago auf einem Hügelkamm hoch über dem Lago di Corbara. Von der Piazza del Belvedere aus genießt man einen prächtigen Panoramablick über den beeindruckenden Stausee und das malerische Tibertal. Die Häuser leuchten in hellem Travertinstein, und die verwinkelten Gassen sind randvoll mit Postkartenmotiven. Ein alter Mühlstein lehnt sich dekorativ unter einem blumengeschmückten Balkon neben einen Hauseingang. Im Hof der ehemaligen Residenz des adeligen Kirchenmannes Diomede degli Atti schreit eine antike, liebevoll restaurierte Zisterne förmlich nach einem Foto.

Foto einer restaurierten Zisterne aus Stein.
Das Beweisfoto – Foto: Petra Regensburger

Im Palazzetto Spaziani, einem ehemaligen Lazarett, findet sich seit 2005 das Museo Ovo Pinto: ein wohl weltweit einzigartiges Eier-Museum, das man einfach gesehen haben muss (ovopinto.it)! Tausende Eier von diversem Federvieh tummeln sich kunterbunt, gefräst oder geschnitzt, in gut bestückten Vitrinen.

Ausstellungsstücke in einer Glasvitrine in einem Museum. Es handelt sich um bunt bemalte Eier.
Eier als Kunst – Foto: Petra Regensburger

Das Museum hat seinen Ursprung in einem seit den Achtzigern alljährlich an Ostern stattfindenden Eier-Malwettbewerb, an dem in drei Kategorien Kinder, Amateure und professionelle Künstler teilnehmen. Jedes Jahr wird ein neues Thema vorgegeben. 2025 sind kreative Ideen rund um die Ewige Stadt Rom im aktuellen Heiligen Jahr gefragt.

Ausstellungsstücke in einer Glasvitrine in einem Museum. Es handelt sich um bunt bemalte Eier.
Bunt bemalt – Foto: Petra Regensburger

Da das Museum durch eine Initiative von Ehrenamtlichen ins Leben gerufen wurde, hat es mangels festen Personals täglich nur eine Stunde geöffnet (Sommer 18–19 Uhr, Winter 17–18 Uhr, Jan. / Feb. geschlossen). Diese Stunde sollte man unbedingt nutzen, um das gesamte Gelege vom Pinocchio- über das Da-Vinci- bis zum Weinfass-Ei genau zu studieren.

Ausstellungsstücke in einer Glasvitrine in einem Museum. Es handelt sich um bemalte Eier.
Da Vinci auf Ei – Foto: Petra Regensburger

Ist die Eieruhr abgelaufen und schließt das Museum seine Pforten, kündigt sich schon bald der Sonnenuntergang über dem See an. Das beschauliche Civitella kann mit einem abwechslungsreichen Trio von Top-Locations für einen magischen Tramonto aufwarten. Auf der Terrasse der Osteria da Zio Cencio auf der Piazza Belvedere wird beste und üppige Hausmannskost serviert. Im Ristorante Trippini in der Via Italia hat man ebenfalls einen traumhaften Blick auf den Lago. Starkoch Paolo kredenzt in behaglichem Ambiente meisterhafte Gerichte, er ist Mitglied der „Jeunes Restaurateurs d’Europe“. Das Mangia & Bevi, nur eine Tür weiter, kümmert sich um ofenfrische Pizza für den schnellen Hunger. Auf der Terrasse im Obergeschoss entfaltet sich eine herrliche Weitsicht. Wer nicht zum Abendessen in Civitella bleiben kann, sollte hier zumindest einen Aperitivo genießen.

Blick von einem Aussichtspunkt auf einen See bei sonnigem Wetter.
Wunderschöner Panoramablick – Foto: Petra Regensburger

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