Teil 50: Kopenhagen
Pflanzenvielfalt, bunte Karten und exotische Gewürze
Unser Autor Christian Gehl war schon viele Male in Kopenhagen, nicht nur für die Recherche zu seinem Kopenhagen-Reiseführer. Doch immer wieder macht er dabei neue und oft überraschende Entdeckungen. Auch wenn die dänische Hauptstadt eher klein und überschaubar ist, Jahr für Jahr entsteht hier etwas Neues. Christian Gehl zeigt Ihnen versteckte grüne Oasen, kuriose kleine Läden und ganz besondere Einkehrmöglichkeiten.
Grüne Oase mit Aussicht
In Kopenhagen ist ja nichts so wirklich abseits der Routen, schließlich ist das hier nicht New York oder Berlin. Die dänische Hauptstadt ist übersichtlich und verkehrstechnisch sehr gut ausgebaut. Von einem Ende zum anderen ist man in alle Richtungen mit dem Fahrrad sicher in 90 Minuten durchgefahren. Dennoch gibt es Ecken, die man leicht übersieht und für die man sich extra Zeit nehmen muss, weil sie nicht direkt an den zentralen Achsen liegen. Der neue Opera Park am Ekvipagemestervej 14 auf Holmen ist so ein Beispiel. Wer nicht sowieso die nebenan liegende Oper besucht, wird nicht unbedingt auf die andere Seite des Inneren Kanals fahren. Und selbst Reffen-Besucher:innen, die daran vorbeikommen müssen, laufen Gefahr, ihn links liegen zu lassen.
Ein bisschen unspektakulär ist der Eingang, aber ist man einmal
drin, entfaltet sich der Zauber sofort. Sechs Vegetationszonen sind auf engem
Raum versammelt, gebildet aus Bäumen, Sträuchern und Blumen. Die Wege
dazwischen aus einem natürlichen Bodenbelag sind in Schlangenlinien angelegt und
führen an 220 Pflanzenarten vorbei. Der Ausblick ist spektakulär, einer der
besten in Kopenhagen: Man schaut auf den Inneren Kanal und am Wasser in beiden
Richtungen weit ins Blaue hinaus. Auf der anderen Seite liegt der moderne
Theaterbau, daneben, nur erahnbar, der Nyhavn.
Park ist eigentlich ein wenig übertrieben, der Opera Park wirkt
eher wie ein etwas größerer Garten, aber eben luxuriös bepflanzt und, typisch
dänisch, ganz außerordentlich gemütlich. In der Mitte erhebt sich ein kleines
Gewächshaus mit subtropischen Pflanzen, in dem ein gut geführtes Restaurant
(geeignet für eine kleine Erfrischung zwischendurch ebenso wie für
ausgedehntere Mahlzeiten) untergebracht ist, das im Sommer Außenplätze mit fantastischer
Sicht auf den Inneren Kanal bietet.
Pokemon-Kultorte
Eine vermutlich kaum bekannte Kopenhagener Besonderheit sind die vielen Läden für Sammelkarten. Oft sind Jungen zwischen 6 und 14 Jahren diesen sehr zugetan und wissen alles über ihre jeweiligen Spezialgebiete. Wer also in Kopenhagen mit einem oder mehreren Söhnen im besagten Alter unterwegs ist, wird es wahrscheinlich sehr schätzen, zu erfahren, dass die Stadt gleich drei außergewöhnlich gut bestückte Sammlerläden besitzt. Speziell Fans von Pokemon-Karten werden ganz aus dem Häuschen sein, wenn sie eines oder mehrere dieser Schatzkästlein betreten. (Erfahrungsgemäß bleibt es nicht bei einem.)
Zentrum des Pokemon-Kults in Kopenhagen ist die Vestergade, die parallel zur Strøget verläuft. Man steigt hinab ins Souterrain und steht vor Boxen über Boxen an Karten, darunter seltene Exemplare und alle fein säuberlich geordnet, auf dass das Sammlerherz erfreut werde. Und das ist so sicher wie nur irgendwas. Sowohl im Cardstore CPH, Vestergade 33, als auch bei Faraos Cigarer im 1. Stock der Skindergade 27 (Verlängerung der Vestergade) und vor allem bei Pocketmonster in Nørrebro, Jagtvej 25, dessen Eigentümer alles über Sammlerpreise, Sondereditionen und Retro-Karten weiß.
Mehr Gewürze!
Früher, in den 1990er-Jahren, war die dänische Küche so bodenständig wie die deutsche. Schwere Fleischgerichte dominierten die Speisekarten, dunkle Bratensoßen beherrschten optisch die Teller. Ingwer, Koriander und Kurkuma waren unbekannte Gewürze aus fernen Ländern. Immigrant:innen aus dem Nahen Osten hatten damals ordentlich zu kämpfen, die ihnen vertrauten Gerichte auf den Tisch zu bringen. „Send Flere Krydderier“, schrieben sie in Briefen an die Heimat: Schickt mehr Gewürze. In Erinnerung an diese Zeiten trägt heute ein soziales Gastronomie-Projekt diesen Namen. Geflüchtete kochen in zwei Filialen Gerichte aus ihrer Heimat. Diese authentische Küche gibt es zu günstigen Preisen und in einer angenehmen Atmosphäre in der Nørre Allé 7 (um die Ecke vom Sankt Hans Torv) und in den Nørrebrohallen am Superkilen (gleich beim Eingang neben der Bücherei).
Zusatztipp
Tipp für die Adventszeit: Die Eislaufbahn am Kongens Nytorv. Leihschlittschuhe sind vorhanden, ein kleiner, schmucker Weihnachtsmarkt am Rand ist die ideale Einkehr davor und danach.
