Lesezeit: 1 minReportage

Das beste Eis der Galaxis und die kleinste Bonbon-Manufaktur der Welt.
Krakau mit Kindern

Ein Urlaub mit Kindern ist immer schön, kann aber auch anstrengend werden, denn: »Mama, Papa, mir ist laaangweilig!« Um diese Stimmung gar nicht erst aufkommen zu lassen, hat Krakau-Autor Jan Szurmant vorgebeugt. Seine Empfehlungen sind spannend für kleine und große Kinder, aber auch genussreich für die Erwachsenen. Das Reisebuch, das er mit Magdalena Niedzielska verfasst hat, liegt soeben in aktueller 3. Neuauflage 2011 vor.

Porträt eines Mannes in Schwarzweiß. Er hat einen glänzenden, kahlrasierten Kopf und trägt eine dunkle Brille. Sein Blick ist direkt in die Kamera gerichtet, er wirkt freundlich und professionell. Das Bild ist quadratisch und zentral auf einem weißen Hintergrund platziert.


Krakau gilt als eine Märchenstadt, entrückt von der Realität, mit magischem Flair, als ein Reiseziel für Träumer und Romantiker … Keine Frage, was Erwachsene begeistert, lässt Kinderaugen erst recht leuchten! Unzählige Legenden haben die Jahrhunderte überdauert. Die wohl bekannteste lokale Gute-Nacht-Geschichte handelt vom Drachen, dem Smok Wawelski, der die Stadt einst tyrannisierte. Fast an jeder Ecke findet man Hinweise auf diese Sage. Unter dem Wawelhügel, auf dem Königsschloss und Kathedrale thronen, soll das Untier gehaust haben. Ein Teil dieser Drachenhöhle kann heute besichtigt werden, davor steht die Drachenskulptur von Bronislaw Chromy, die zur Freude der Kinder und Fotografen regelmäßig echtes Feuer speit.

Eine junge Frau trägt ein weißes Kleid und einen Blumenkranz im Haar. Sie hält einen Strauß mit grünen Zweigen und Blüten in den Händen. Im Hintergrund ist ein Gebäude zu sehen, was auf eine Hochzeit oder ähnliche festliche Veranstaltung hindeutet. Das Bild wirkt stilisiert und hat einen verträumten Charakter.
Die Altstadt ist Freiluftbühne für Mimen und Gaukler

In der Altstadt laufen die Figuren der Sagen und Mythen herum, Straßenmusiker und Feuerspucker, Mimen und Gaukler nutzen sie als riesige Freiluftbühne. Die Kinderphantasie wird ebenso in den mittelalterlichen Kellergewölben angeregt, in denen oft Cafés und Restaurants zu finden sind, seit 2010 das Museum Untergrund des Marktplatzes. Im unterirdischen Museum geht man auf den ehemaligen Straßenzügen, passiert verschüttete Friedhöfe, Geschäfte sowie mittelalterliche Überreste und Ausgrabungsstücke – das Straßenniveau lag vor Jahrhunderten nämlich noch dort, wo sich heutzutage die Kellergeschosse befinden. Die vielen Hologramme sowie interaktive und audiovisuelle Elemente lassen große wie kleine Besucher ins mittelalterliche Krakau eintauchen.


Vom Ozeanarium und Stadtstrand zum Garten der Erfahrung und jüdischer Geschichte

Eine imposante Drachenstatue erhebt sich inmitten von Bäumen in den Himmel. Der Drache scheint Feuer zu speien, während er auf einem Felsen thront. Zwei Kinder sitzen am Fuße der Statue und betrachten sie neugierig. Der Hintergrund zeigt einen bewölkten Himmel und weitere grüne Bäume.
Der feuerspeiende Drache auf dem Burgberg

Zwar ist das Wyspianski-Museum weniger modern, dafür gibt es hier die verträumten Kinderpastelle des Krakauer Jugendstilkünstlers Stanislaw Wyspianski zu bewundern. Bei einem Spaziergang auf den Planty, einem Park anstelle der früheren Stadtmauern, lohnt sich ein Abstecher ins Ozeanarium, in dem tropische Fische, Kraken, Meeresschildkröten, Reptilien und Spinnen zu sehen sind. An der Weichsel gibt es seit 2010 einen Stadtstrand mit Kinderspielplatz und Beachvolleyballfeld. Der Fluss bietet sich natürlich auch für eine Bootsfahrt an, zum Beispiel auf der Wassertram. Etwas außerhalb liegt der dem Krakauer Philosophen und Science-Fiction-Autoren Stanislaw Lem gewidmete Garten der Erfahrungen, in dem naturwissenschaftliche Phänomene aktiv erfahren und begriffen werden können. Kinder dürfen sich in dem Park an akustischen, optischen, astronomischen und chemischen Objekten so richtig austoben; zudem gibt es Erfahrungsfelder, die den Gleichgewichts- und Tastsinn herausfordern.

Das jüdische Viertel Kazimierz mit seinen gedrungenen Häusern, den sieben Synagogen und dem bläulich schimmernden Kopfsteinpflaster hat seinen ganz eigenen Reiz. Während ein Besuch des Museums in der Schindlerfabrik oder der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau erst ab 14 Jahren empfehlenswert ist, bietet das familienfreundliche Museum Galizien jüngeren Gästen einen Einblick in die reiche jüdische Kultur im untergegangenen Galizien. Das Volkskundliche Museum im ehemaligen Rathaus von Kazimierz hingegen hat eine interessante Sammlung von Musikinstrumenten und Spielzeug aus Krakau.


Dickflüssige Schokolade und Seifenblasen, die einen ganz umhüllen

Ein Kind steht in einem Park und blickt durch ein Fernrohr. Das Fernrohr ist an einem Metallständer befestigt, der sich aus dem Boden erhebt. Im Hintergrund sind Bäume und Grünflächen zu sehen. Die Szene vermittelt einen Eindruck von Neugierde und Naturerkundung.
Krakau – eine Abenteuerstadt für Kinder

Wenn man schon in Kazimierz ist, sollte man einen Abstecher ins Mufinka Café machen, wo auf die Kleinen viele Spielzeuge und Kuscheltiere warten. Am Wochenende werden regelmäßig Kinderworkshops von Basteln bis Theater veranstaltet, für die Eltern gibt es natürlich einen guten Kaffee. Besonders kinderfreundlich ist auch das Restaurant Marchewka z groszkiem um die Ecke. Auf der günstigen und fantasievollen Speisekarte stehen u. a. viele kindgerechte Speisen, bei der Theke lassen sich Stifte, Spiele und Spielzeug finden. Und danach vielleicht ein Eis? Nicht irgendeins, sondern das in der Pracownia Cukiernicza Stanislaw Sarga! Wenn die Krakauer es als bestes Eis der Galaxis bezeichnen, ist dies weder Übertreibung noch Lokalpatriotismus. Nicht nur an heißen Sommertagen muss man allerdings bis zu einer Stunde Vorfreude, sprich Anstehen, in Kauf nehmen.

Typisch für die Krakauer Kaffeehäuser ist neben Kaffeespezialitäten und selbstgemachtem Kuchen die dickflüssige heiße Schokolade, die die nach dem Genuss verschmierten Kindermünder wonnig lächeln lässt. Die beste gibt es unserer Meinung nach in der Altstadt, im Nowa Prowincja. Nicht weit entfernt wartet mit der Ciuciu Fabryka Cukierków die weltweit kleinste Bonbon- und Lutschermanufaktur. Gearbeitet wird an Geräten aus dem 17. und 18. Jh., als großer und kleiner Kunde darf man sich auch eigene Muster wünschen. Das Tuban wiederum ist eine faszinierende Welt der Seifenblasen für Kinder und Träumer. Im Geschäft kann man sich von einer riesigen Blase umhüllen lassen oder die widerstandsfähige Seifenmischung erstehen, die Inhaber Jakub Bochenek in zwei Jahre dauernder Tüftelei entwickelt hat. Inzwischen gilt der sympathische Seifenalchimist als einer der weltbesten Künstler in diesem Bereich, in Polen ist er ein Star mit Fanvideos auf YouTube und Artikeln in allen wichtigen Zeitschriften und Zeitungen. Den viel geliebten grünen Stofftierdrachen und günstiges Holzspielzeug gibt es u. a. in den Tuchhallen, in denen die alten Krämerbuden und der Arkadengang auch die Eltern zum Bummeln und Flanieren einladen.


Ein Höhepunkt im Juni: die Drachenparade

Ein bunter, riesiger Luftballon in Form eines Monsters schwebt am blauen Himmel. Der Ballon hat spitze Zähne, große Augen und bunte Federn. Im Hintergrund ist ein hoher Turm mit einer Wetterfahne zu sehen. Das Bild fängt eine fröhliche und skurrile Szene ein.
Auf der Dracheparade im Juni

Bliebe noch die Frage nach der besten Reisezeit zu klären. Das winterliche, oft verschneite Krakau hat für Kinder seinen ganz besonderen Reiz: Bei klirrender Kälte wird man ihnen kaum den Wunsch abschlagen können, noch einmal das Feuer aus dem Maul des Drachen sehen zu dürfen. Leider speit das Untier seinen wärmenden Odem in die Luft, während Klein und Groß frierend zu Fuße der Skulptur stehen. Wenn man unabhängig von Schulferien planen kann, empfiehlt sich deshalb der Besuch Anfang Juni. Dann findet die Drachenparade statt, bei der Krakauer Kinder ihre gebastelten Puppen, Masken und überdimensionalen Drachen präsentieren. Abends gibt es ein Licht- und Tonspektakel mit fliegenden Drachen und Feuerwerk, das alljährlich selbst die in dieser Hinsicht verwöhnten Chinesen begeistert, die eigens für das Festival anreisen.


Weiterführende Informationen:


Sehenswürdigkeiten & Ausflüge

Smocza Jama (Drachenhöhle): April-Juni und Sept./Okt. tägl. 10-17 Uhr, Juli/Aug. bis 20 Uhr; Nov.-März geschlossen. Eintritt 1 €, Kinder bis 7 Jahre frei.

Podziemia Rynku (Untergrund des Marktplatzes): Mi-Mo 10-20, Di 10-16 Uhr, 1. Di im Monat geschlossen. Eintritt 3 €, erm. 2,50 €, Mo frei, Führung 38 €, Audioguide 1 €. Letzter Eintritt 1 Std. vor dem Schließen; vorherige Buchung über die Internetseite empfohlen. Rynek Glówny 1, Tel.: 0048-12-4265002, www.mhk.pl, www.podziemiarynku.com.

Muzeum Wyspianskiego (Wyspianski-Museum): Mi-Sa 10-18, So 10-16 Uhr, Di nur Wechselausstellungen. Eintritt 2 €, erm. 1 €, So frei. Ul. Szczepanska 11, Tel.: 0048-12-2928183, www.muzeum.krakow.pl.

Akwarium (Ozeanarium): Mo-Fr 9-19, Sa 9-20, So 10-20 Uhr. Eintritt 5 €, erm. 3 €. Ul. sw. Sebastiana 9, Tel.: 0048-12-4291049, www.aquariumkrakow.pl.

Plaza Kraków (Stadtstrand): Mo-Do 11-0, Fr-So 10-0. Bulwar Wolynskiego (beim Hotel Forum), www.plazakrakow.com.

Tramwaj wodny (Wassertram): 30-Min.-Rundfahrten für 3-4 € auf der Weichsel von Mai bis
Sept. von 9 Uhr bis Sonnenuntergang, Fahrten mit der »Wassertram« nach Kazimierz und Tyniec können ab 12 Pers. gebucht werden; ab 50 €/Std. und Boot. Tel.: 0048-506-107037, www.tramwajwodny.pl.

Ogród Doswiadczen (Garten der Erfahrungen): Mai-Aug. tägl. 9-19, Sa/So ab 10 Uhr; April
bis 17, Sept. Mo-Fr bis 17, Sa/So bis 19 Uhr; Okt. bis 15 Uhr. Eintritt 2 €, erm. 1 €, bis 7 Jahre frei. Al. Pokoju 67, Tel.: 0048-12-3461285, www.ogroddoswiadczen.pl. Tram 1, 14, 22, Haltestelle M1.

Muzeum Galicja (Museum Galizien): April-Okt. tägl. 9-19, Nov.-März tägl. 10-18 Uhr. Eintritt 4 €, erm. 2 €. Ul. Dajwór 18, Tel.: 0048-12-4216842, www.galiciajewishmuseum.org.

Muzeum Etnograficzne (Volkskundliches Museum): Di/Mi und Fr/Sa 11-19, Do bis 21, So bis 15 Uhr. Eintritt für Dauer- und Wechselausstellung je 2 €, erm. 1 €, So frei (nur Dauerausstellung). Plac Wolnica 1/ul. Krakowska 46, Tel.: 0048-12-4306023, www.etnomuzeum.eu.


Restaurants, Cafés und Geschäfte

Mufinka Café: Di-Sa 10-19, So 11-19 Uhr. Ul. Dajwór 25b, www.mufinkacafe.pl.


Marchewka z groszkiem: Tägl. 9-22 Uhr. Ul. Mostowa 2, Tel.: 0048-12-4300795.


Lody – Pracownia Cukiernicza Stanislaw Sarga Tägl. 9-19 Uhr. Ul. Starowislna 83.

Nowa Prowincja: Mo-Sa 8.30-23, So 9-23 Uhr. Ul. Bracka 3/5, www.nowaprowincja.krakow.pl.

Ciuciu Fabryka Cukierków: Tägl. um 17 Uhr Vorführungen. Ul. Golebia 3, www.ciuciu.pl.

Tuban: Ul. Szczepanska 7, www.tuban.pl, ein paar Impressionen auf YouTube: www.youtube.com, www.youtube.com, www.youtube.com.


Sukiennice (Tuchhallen): Tägl. ab 9 Uhr etwa bis Sonnenuntergang. Rynek Glówny 1/3.


Festivals

Drachenparade: Sa, 04.06.2011, 12-14.30 Uhr zwischen ul. Grodzka und dem Marktplatz.

Audiovisuelles Spektakel: Sa, 04.06.2011 ab 22.00 Uhr am Weichselufer unter dem Wawel. Eindrücke vom letzten Jahr: www.youtube.com

Veranstalter des Festivals: Teatr Groteska, ul. Skarbowa 2, Tel.: 0048-12-6339604, www.paradasmokow.pl.

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