Reportage

Eine Farbe, die Appetit macht:
Safran

Südmarokko ist ein spannendes Reiseziel. Seit einem Monat gibt es das gleichnamige Buch von Lutz Redecker – und zwar in der 1. Auflage 2008. Für die aktuelle Ausgabe unseres Newsletters hat sich der promovierte Ethnologe und freie Reisejournalist um ein Gewürz bemüht, das im alten Persien mit Gold aufgewogen wurde und sogar in den Suren vorkommt. Redecker erzählt von der richtigen Ernte, einer Möglichkeit, den Safranfälschungen zu entgehen und verrät zwei spannende Safranrezepte zum Nachkochen.


Der überseeische Handel mit kostbaren Gewürzen blühte für Jahrhunderte. Die südmarokkanischen Märkte, genannt Souks, sind immer noch voller Exotik. Mit der richtigen Nase finden sich auch heute noch beste Waren. Wer es ganz genau wissen will, reist zu den Hauptorten des Safran-Anbaus: etwa nach Taliouine. Montag ist der Tag des Souks in Taliouine, drei bis vier Busstunden östlich von Agadir. Besonders zwischen Oktober und März ist der Markt Treffpunkt für die Safranbauern aus der Region. Der hier gehandelte Safran ist von hoher Qualität, und viele Bauern verkaufen nur so viel, wie sie unbedingt müssen, um andere Güter damit tauschen zu können – Safran ist eine Art zweite Währung. Der Kauf des teuersten Gewürzes der Welt – 1 kg Trüffel kostet 3000 Euro, 1 gr. bestes Safran 20-30 Euro –, für das 150.000 Blüten gezupft werden müssen, um schließlich ein Kilogramm Blütenpollen zu erhalten, ist daher mit Vorsicht anzugehen und Vertrauenssache.

Auch auf vielen anderen Märkten in Marokkos Süden wird Safran angeboten. Die getrockneten Pollen des crocus sativus sind jedoch oft gefälscht. Die roten Fäden werden mit Öl bedampft, um den Safran schwerer und damit teurer zu machen. Oder es werden einfache Blütenfäden der calendula oder Färberdistel untergemischt. Im alten Persien wurden Safranfälschern die Finger abgehackt, im Mittelalter wurden sie öffentlich verbrannt. Kein Wunder, da in dieser Zeit Safran sogar mit Gold aufgewogen wurde. Abgeleitet vom arabischen za’fran »gelb sein«, wusste schon der Prophet Mohammed um den Wert dieses Gewürzes. In den Suren heißt es: »Die Erde des Paradieses wird mit reinstem Pulver aus Moschus und Safran bedeckt sein.« Passagen des Koran und kostbare Handschriften wurden mit Safran-Tinte verfasst.


Safranernte und Safranfälschungen

Die Safrankrokusse mit ihren typischen hellvioletten Blüten blühen nicht im Frühling, sondern im Herbst und werden bis zu 15 Zentimeter groß. Genau in der Mitte befinden sich die leuchtend-roten, dreischenkligen Blütenfäden, die wenige Millimeter breit und bis zu drei Zentimeter lang sind und die ganze Farbe und Würze des Safrans enthalten. Safran liebt kargen Wüstenboden, heiße Sommer und kalte Winter. Den Sommer über ruhen die Zwiebeln des Safrankrokus‹ 20 Zentimeter tief in der trockenen Erde und werden im September gelegentlich bewässert. Aus einer Zwiebel wachsen bis zu sechs Blüten, und bereits nach wenigen Jahren müssen neue Zwiebeln gesetzt werden. Die Ernte ab Ende Oktober erfolgt seit Jahrtausenden auf dieselbe Weise. Die Blüten müssen frühmorgens gepflückt und noch am Tag der Ernte gezupft werden. Denn in der heißen Sonne vertrocknen die Blütennarben schnell und verlieren ihr Aroma. Beim Pflücken arbeiten die Frauen und Männer also gegen die Zeit. Die Blüten öffnen sich nur ein einziges Mal wenn sich – wie in der persischen Dichtung beschrieben – der Himmel bei Sonnenaufgang safrangelb färbt.

Ebenso wichtig wie das Pflücken ist die Trocknung. Nur in gut getrockneten roten Narben findet sich das leicht bittere Safranaroma. Zerreibt man eine Narbe des crocus sativus, entsteht der unverwechselbare aromatische Duft und die Farbe, die in wenigen Sekunden ein Glas Wasser einfärbt. Duft, Farbe sowie dieser kurze Test von zwei, drei Fäden im Wasser erlauben es, die Echtheit des Safrans festzustellen. Schwierig wird es allerdings bei servierten (Reis-)Gerichten, die eine kräftige tieforange Farbe zeigen. Das im Safran enthaltende Karotinoid crocin ist nämlich kein Garant für echtes Safranpulver, zumal auch Kurkuma (Safran heißt auf Hebräisch karkom) diese Substanz enthält. Folglich ist das fertige Gericht nur schwer zu beurteilen, insbesondere, wenn der Geschmack von Safran nicht bekannt ist. Für den Kauf ist aber der »Wassertest« sehr zuverlässig.


Kochen mit Safran – zwei spannende Rezeptideen

Die ätherischen Öle, die den intensiven Geruch und den leicht bitteren Geschmack des Safrans verströmen, haben einen verdauungsfördernden, krampflösenden und den Kreislauf anregenden Effekt. Es genügen bereits kleine Mengen von Safranfäden, ein Paprikapulver (Harissa) zu aromatisieren (Küchentipp!), was viel günstiger als die gleiche Menge Safran ist. Wichtig ist, dass Safran nur sanft bzw. ganz kurz erhitzt wird. Ein Einsteigertipp ist ein feines Omelett. Dafür werden ca. 20 zerteilte Fäden in eine Tasse warme Milch oder Sahne für eine Stunde eingelegt, mit Salz, Pfeffer, Koriander (auch etwas Parmesan) abgeschmeckt und mit 6 Eiern gut vermischt.

Einzigartig ist auch das Ratatouille von Mahmoud Mohiydine in der Auberge Safran in Taliouine. Er verwendet dabei neben Paprika, Zucchini und Auberginen auch weitere Gemüse der Saison, die auf zwei großen angedünsteten Zwiebeln und viel Knoblauch mindestens 30 Minuten gekocht werden. Nebenbei werden etwas Stangensellerie, Rosmarin, Estragon und 2 Lorbeerblätter hinzugefügt. Er beginnt bei größerer Hitze, reguliert kleiner und fügt regelmäßig Kräuterfonds hinzu. Am Ende der Kochzeit kommen zwischen 20-30 Fäden, je nach Menge, die in einem Fonds zwei Stunden gezogen sind, an das Gemüse. Am nächsten Tag schmeckt dieses Gericht noch besser!

Zum Veredeln von Pasta, Milchprodukten, Soßen oder Backwaren eignet sich Safran ebenfalls. Ein feines Rezept sind kleine Ricottatörtchen, die ihren Weg über Frankreich nach Marokko gefunden haben. In einer halben Tasse warmer Milch 10-20 zerkleinerte Safranfäden ziehen lassen und nach 1 Stunde mit 350 gr. Ricotta, 3 Eiern, etwas rosa Pfeffer, Muskatnuss, einer Prise Salz und zuvor vermengten 100 gr. Zucker mit 100 gr. Butter gut verrühren, evtl. noch Milch hinzufügen. Das ganze für 3-4 Stunden im Kühlschrank lassen und in kleine Aluminiumformen auf Mürbeteig im Ofen bei 220 Grad 30 Minuten zubereiten.

Und auf Spatzen achten! Mit einem Schmunzeln erzählt Mahmoud, wie einst eine Schar Spatzen sich über die zum Auskühlen am Fenster aufgestellten Leckereien hermachten.