Reportage

»Transsilvanien liegt mir im Blut«

Nein, nicht seine Exzellenz Graf Dracula, sondern ein anderer Blaublütiger hat diese Worte ausgesprochen: Prinz Charles, Fürst von Wales, Herzog von Cornwall, britischer Thronfolger und – begeisterter Liebhaber von Siebenbürgen. Unsere Rumänien-Autorin Diana Stănescu ist der Leidenschaft des Prinzen nachgegangen, der im Karpatenraum zwei Ferienhäuser besitzt und einen angenehmen Kontrast zum Buckingham Palast vorfindet.


Prinz Charles liebt Siebenbürgen. Die Bausubstanz der historischen deutschen Dorfhäuser, die Weite der unverbauten Landschaften haben es dem britischen Thronfolger angetan. So sehr, dass er sogar zwei Ferienhäuser gekauft hat.
Das erste steht in Viscri (Deutsch-Weißkirch), ein altes deutsches Dorf in Siebenbürgen, bekannt wegen seiner Kirchenburg, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.

Bescheiden, traditionsbewusst, himmelblau – das Ferienhaus von Prinz Charles in Viscri (Foto: Diana Stănescu)
Bescheiden, traditionsbewusst, himmelblau – das Ferienhaus von Prinz Charles in Viscri (Foto: Diana Stănescu)

Charles’ Haus unterscheidet sich durch nichts von den anderen im Dorf: himmelblauer Anstrich, großer Innenhof, altdeutsche Wohnstube mit traditionellen Möbeln. Über Charles‹ Bett macht ein besticktes Wandtuch Mut für transsilvanische Nächte: »Auch in dunkler Nacht Gottes Auge wacht.« Wenn nicht gerade der Prinz sein royales Haupt auf die Kissen bettet, können Urlauber darin schlafen.
Wie alle Häuser in Viscri ist auch dieses mit ökologischen, traditionellen Materialien restauriert. Dafür sorgt die Stiftung »Mihai Eminescu Trust«, deren Schirmherr Charles eine Zeit lang war, und die sich für die Bewahrung der traditionellen Dorfarchitektur einsetzt. Sogar eine Biokläranlage weihte der ökologisch bewegte Brite in Viscri ein.


Weit abgeschieden bei einem transsilvanischen Verwandten

Das zweite royale Ferienhaus liegt weit abgeschieden in Zalánpatak (Foto: Diana Stănescu)
Das zweite royale Ferienhaus liegt weit abgeschieden in Zalánpatak (Foto: Diana Stănescu)

Noch abgelegener ist Charles› zweites Domizil in Siebenbürgen. Valea Zalanului (ungarisch: Zalánpatak) heißt das stille 150-Seelen-Dorf in einem kleinen, ungarisch geprägten Teil von Siebenbürgen. Entrückt, abgeschieden, weltfern. Also perfekt für das, was Charles in Rumänien sucht: Ruhe, Natur und Einfachheit. Charles‹ kleines Reich am Ende des Dorfs besteht aus zwei Gebäuden hinter einem großen Tor. Es war vom 16. bis zum 19. Jahrhundert eine Glasmanufaktur, die der Thronfolger seinem entfernten Verwandten, dem ungarischen Grafen Tibor Kálnoky, abgekauft hat.
Überhaupt ist Graf Kálnoky einer der Fixpunkte des Prinzen in Siebenbürgen: Der Adelige, der in München, New York und Paris gelebt, studiert und gearbeitet hat, bekam nach der Wende 1989 den Familienbesitz zurück und ließ sich in der Heimat seiner Vorfahren nieder. Charles besucht seinen transsilvanischen Verwandten regelmäßig in Micloșoara (ungarisch: Miklósvár).
In diesem ruhigen Dorf hat Kálnoky mehrere Häuser aufgekauft, restauriert und zu einem idyllischen Ferienhaus-Ensemble zusammengefügt. Die internationalen Gäste machen tagsüber Ausflüge in die Städte und Kirchen Siebenbürgens, fahren im Pferdefuhrwerk zum Schäfer oder gehen mit dem Grafen, ein passionierter Ornithologe, auf Vogelbeobachtung.


Schirmherr für eine Kinderhilfsstiftung und Förderer des Öko-Landbaus

Prinz Charles inspiziert seine Blumenwiesen in Valea Zalanului (Foto: Transylvanian Castle)
Prinz Charles inspiziert seine Blumenwiesen in Valea Zalanului (Foto: Transylvanian Castle)

Ähnlich ruhig lässt es auch Charles angehen: Er geht spazieren, wandern, lässt sich von Einheimischen mit Polentabrei und Wildschweingulasch verköstigen, genießt die Landschaft: Heuschober duften, Pferde weiden, Hügel leuchten grün. Ein bisschen offizielles Programm ist auch dabei. Der Thronfolger stattet bei seinen jährlichen Rumänien-Reisen den UNESCO-geschützten Kirchenburgen, aber auch kleinen Hilfsorganisationen einen Besuch ab.
Er weiß es zu schätzen, dass die Menschen ihn mit freundlicher Gelassenheit empfangen. Nett sei der Prinz zu allen, loben sie: »Er kam ins Dorf wie ein Bauer, stützte sich auf einen langen Stab – er wirkte gar nicht so anders als wir«, erzählt ein Bewohner von Zalánpatak lachend. Selbst Party-Prinz Harry war schon in der Abgeschiedenheit, die sein Vater so liebt.

Ein Mut machendes Wandtuch über dem royalen Doppelbett (Foto: Diana Stănescu)
Ein Mut machendes Wandtuch über dem royalen Doppelbett (Foto: Diana Stănescu)

Auch für Projekte in Rumänien setzt sich Charles ein. Er ist z. B. Schirmherr der Kinderhilfsstiftung »Fara« in der Bukowina, fördert Öko-Landbau und den Erhalt der Siebenbürger Dörfer nach dem Exodus der Deutschen.
Aber: Was zieht den Royal nach Rumänien? »Es ist die traumhafte Natur«, sagt Tibor Kálnoky. Und es sind Familienbande: Charles› Ur-Ur-Ur-Großmutter, die ungarische Gräfin Claudine Rhédey von Kis-Rhéde, stammt aus Siebenbürgen. So kam es, dass der Thronfolger einmal sagte: »Transylvania must be in my blood.«


Weitere Informationen

www.transylvaniancastle.com: Die Website fasst alle Landgüter zusammen, die Graf Tibor Kálnoky betreut: Charles‹ Ferienhäuser in Viscri und Zalánpatak sowie Kálnokys Landhotel in Micloșoara.

www.mihaieminescutrust.ro: Website der Stiftung Mihai Eminescu Trust, die sich für den Erhalt der historischen Bausubstanz in den einst deutschen Dörfern Siebenbürgens einsetzt, u. a. in Viscri (Deutsch-Weißkirch).

Preise: Die Ferienhäuser kosten, je nach Reisezeit und -dauer, 36-49 € pro Person und Nacht im Doppelzimmer, inkl. Frühstück.

Lohnt sich die Übernachtung?
Nicht für Urlauber, die fürstliche Gemächer erwarten. Aber sehr wohl für alle, die Spaß daran haben, mal in historischem Ambiente zu wohnen: in nostalgischen Dorfstuben, die bis ins Detail liebevoll mit der traditionellen Einrichtung der Siebenbürger Sachsen eingerichtet sind. Mit Original-Mobiliar, alten Truhen, bestickten Tüchern mit deutschen Sinnsprüchen. Die Bäder sind einfach, und die Verpflegung besteht aus schlichter Hausmannskost mit vielen Produkten aus dem Dorf. Es geht um den Luxus der Einfachheit.

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