Behind the Scenes

Teil 3: Kartografie
oder Die Lovestory der Biologin

Eine Abschlussarbeit und eine Heirat 

Nun hat sich herausgestellt: Karten sind gar nicht langweilig. Zum Reisen braucht man sie, mittlerweile auch digital. Kartografie ist auch keine Fitzelarbeit, eher eine technische Herausforderung. Es kostet zwar eine gehörige Konzentration, aber es braucht auch Kreativität, und die Programme entwickeln sich so schnell, dass man stetig am Ball bleiben muss. Das bringt Spaß. Ich bin seit 1989 dabei. Als Biologin habe ich gelernt zu zeichnen, mit Blei- und Tuschestift. Eine Genkarte ist fast wie eine echte Karte. So kam ich auf Umwegen zum Verlag. Und das kam so: Der Bekannte, der mir versprochen hatte, meine Abschlussarbeit auszudrucken (damals gab es noch keine Tintenstrahl- oder Laserdrucker für den Hausgebrauch), war verreist, doch der Abgabetermin ganz nah. Es hieß: »Frag doch Michael Müller!« Er hatte die modernste Technik in Erlangen, schließlich produzierte er Bücher. Sein Verlagsprogramm umfasste bereits 7 (!) Titel. Michael half mir gerne, ich fand das toll und ihn, ehrlich gesagt, auch. Wir wurden ein Paar, ich war vorübergehend die Kartografin im Verlag. Dann heirateten wir in New Orleans, bekamen zwei Kinder, und ich war nicht mehr nur vorübergehend dabei … 

Die Frau, die fast zufällig die Leiterin der Kartografie und eine der zwei Geschäftsführerinnen wurde – Judit Ladik
Die Frau, die fast zufällig die Leiterin der Kartografie und eine der zwei Geschäftsführerinnen wurde – Judit Ladik

Die Kunst der Kartenvorbereitung und der Korrektur 

Zurück zum Thema: In einem Reisebuchverlag geht es um Informationen. Es ist wichtig, dass die Tipps auf den Karten zu finden sind. Deshalb werden unsere Autorinnen und Autoren vor ihrer Reise in die Kunst der Kartenvorbereitung eingewiesen. Meistens verlassen sie die Redaktion ein bisschen blass – nach so vielen Anweisungen …Die nächste Herausforderung ist es, die vorläufigen Karten zu korrigieren und zu ergänzen. Es schleichen sich Fehler ein, es gibt jede Menge Fragen. Diese Arbeit ist unerwartet zeitaufwendig und findet meist kurz vor dem Drucktermin statt … Erfahrene Autoren bitten uns, die neuen Karten schneller zu schicken. Manchmal klappt es. Allerdings sind wir ein kleines Team mit eigener Kartografie und, wie das eben so ist, oft unterbesetzt. So wird die Nacht zum Tag. Nicht nur für unsere Autoren, denen ich diese Anstrengungen sehr hoch (!) anrechne, sondern auch für uns.  

Lineare Algebra und mysteriöse Ausreden 

Obwohl die Kartografie längst eine eigene Abteilung ist: Mehr als sieben Geografen, darunter auch Quereinsteiger und Studierende, sind es nie. Manchmal schütteln die Kollegen um uns herum den Kopf. Wir reden ein Fachchinesisch, das keiner versteht, führen aberwitzige Diskussionen über Projektionen (ein Gebiet aus der Linearen Algebra) oder haben irgendwelche mysteriösen Ausreden, warum etwas nicht geht und wieso … Da unsere Arbeit oft datenbankbasiert ist, sind wir zudem gezwungen, ziemlich genau zu planen. Mir kommt es manchmal so vor, als wäre die Vorbereitungsphase genauso lang wie die eigentliche Kartenzeichnung. Für »normale« und mit Texten arbeitende Menschen ist das schon abenteuerlich.Wenn die Karten aber erstmal gezeichnet sind, ist unsere Tätigkeit sehr effizient und leicht. Während wir an den Karten einer Erstauflage etwa sechs Wochen bis drei Monate (die 800-Seiten-Bände!) sitzen, sind die Änderungen in der zweiten, dritten und 13. Auflage gering und oftmals in zwei bis drei Tagen gemacht. Es geht darum, Korrekturen, Änderungen und Ergänzungen einzuarbeiten. Auch die Beiträge unserer Leser berücksichtigen wir. Sie sind es ja, die alles vor Ort überprüfen – und genau wissen, wo es möglicherweise noch hakt.  

Traumziel drei 

Ich wollte zwar Schauspielerin werden oder wenigstens Meeresbiologin. Doch ich bin froh, Kartografin in unserem Verlag zu sein.Manchmal sehe ich mir die vielen Bücher an, blättere darin herum, werfe einen oder zwei Blicke auf die Karten – und denke: Auch nicht schlecht.