Reportage

Fünf unvergessliche Unterkünfte in Südtirol und den Dolomiten
Insider-Tipps für Südtirol und die Dolomiten

Besser als Ferien in Pension oder Ferienwohnung: Unser Südtirol-Autor empfiehlt ein Baumhaus mit Whirpool, eine Nacht unterm Sternenhimmel und ein Sonnenaufgangskonzert auf dem Col Margherita.

Sucht Ihr noch einen Geheimtipp für eine Unterkunft in Südtirol? Wer, wie unser Experte Florian Fritz als Reisebuchautor jahrelang in den Bergen Südtirols und der Dolomiten unterwegs ist, der bekommt im Laufe vieler Urlaube unglaubliche, lustige und einprägsame Erlebnisse zusammen. Als Südtirol-Insider suchen Florian und seine Frau im Rahmen der Recherche eher das Außergewöhnliche, als das Banale. Manchmal findet sich das Außergewöhnliche dann im Banalen, das ist dann auch gut. Für Euch hat er hier ein TOP-5-Ranking der unvergesslichsten Südtiroler Unterkünfte erstellt: Gnadenlos subjektiv, sicherlich einzigartig – und garantiert zur Nachahmung empfohlen!  

Platz 5: Glamping im Baumhaus auf dem Campingplatz Sexten

Platz 5 schwebt über dem Boden, genauer gesagt befindet er sich in einem gigantischen Baumhaus auf dem Campingplatz Sexten. In 10 Metern Höhe gibt es eine Sauna, einen Whirlpool, eine Flasche Schampus zum Empfang, das alles umhüllt von Holz und Glas. Staunend geben wir uns dieser ökologisch verbrämten Dekadenz hin, die von einem Fünf-Gänge-Abendessen im nahen Restaurant unterbrochen wird. Der Preis ist, nun ja, heiß, aber wie oft nächtigt man schon in einem Fünf-Sterne-Baumhaus?

Im Baumhaus @ Florian Fritz
Im Baumhaus @ Florian Fritz
Baumhaus ohne Baum @ Florian Fritz
Baumhaus ohne Baum @ Florian Fritz

Ist halt Glamping, darf man sich im Urlaub trotzdem mal gegönnt haben. Auf einem Baum ruht das ganze Konstrukt übrigens nicht, da hätte es schon den Stumpf eines Mammutbaumes benötigt. Aber eines steht fest: Zumindest drum herum sind Bäume, jede Menge.

Platz 4: Bergrefugium Hotel zum Hirschen in St. Felix am Walde

Platz 4 verleihen wir dem Hotel zum Hirschen in St. Felix im Walde, einem verschlafenen Ort am Mendelpass. Von Bozen ist der Ort eine knappe Autostunde entfernt, von Meran braucht man etwa 45 Minuten. St. Felix am Walde ist ein traditionsreicher Ort,  tolle Küche mit regionalen Produkten und, zumindest in unserem Falle, gaaaaanz viel Schnee. Schon die Fahrt auf der Mendelpassstraße war in jenem Januar ein Abenteuer. Geschlossene Schneedecke, Schneetreiben, jede Serpentine ein eigener Schweißausbruch.

Blick aus dem Fenster nach einer Winternacht in St. Felix @ Florian Fritz
 Blick aus dem Fenster nach einer Winternacht in St. Felix @ Florian Fritz

Auf dem Berg angekommen, im Hotel waren wir die einzigen Gäste, parkten im Dunkeln gegenüber vom Haus und durchschliefen eine schneeschwarze, absolut stille Nacht.

Morgens der Blick aus dem Fenster: ein Meter Neuschnee auf Dächern und der Straße, unglaublich. Unser Auto kaum noch zu sehen. Dann kam der Schneeräumer, fuhr an ihm vorbei und es war gar nicht mehr zu sehen. Das war‘s dann wohl, dachten wir uns. Weitere Schneefälle waren angesagt. Für immer gefangen im Hotel in St. Felix. Beim nächsten Mal doch lieber nach Meran?

St. Felix in Südtirol tief verschneit @ Florian Fritz
St. Felix in Südtirol tief verschneit @ Florian Fritz

Schon am Vorabend war uns im Hotel ein lebhafter kleiner Peruaner aufgefallen, offenbar hier gestrandet mit seiner stillen, flinken Frau, die den Zimmerservice machte. Beim Frühstück sahen wir ihn dann – an unserem Auto. Er schippte unverdrossen kubikmeterweise den Schnee weg und winkte uns zwischendrin fröhlich zu. Später erzählte er, dass er schon seit vielen Jahren mit seiner Frau hierher ins Hotel käme, zwei von unzähligen Arbeitskräften aus dem Ausland, die Südtirols Tourismusbranche am Laufen halten und die Hotel-Angebote bezahlbar machen – vermutlich aber selten so gut gelaunt und überzeugt wie dieser Peruaner im meterhohen Schnee von St. Felix.

Platz 3: Die Hütte zur Schönen Aussicht im Schnalstal zum Almabtrieb der Schafe

Platz 3 geht an die Hütte zur Schönen Aussicht, auf 2.850 m Höhe im hintersten Schnalstal gelegen. Von Meran aus, sind es ungefähr 30 Autominuten. Die Hütte ist leicht erreichbar von der Gipfelstation der Seilbahn auf die Grawand auf 3.250 m Höhe – man muss nämlich nur bergab gehen, um sie zu erreichen. Besonders wird die Übernachtung nur an einem Tag im Jahr: wenn der historische Schafübertrieb im Herbst vom Ötztal zurück ins Südtiroler Schnalstal stattfindet, von den seit dem Mittelalter genutzten, in Österreich liegenden Sommerweiden der Südtiroler Schäfer – ein grandioses Ereignis und immaterielles Kulturerbe der UNESCO.

Davor steht: ein Abend in der rappelvollen Hütte, der Alkohol fließt in Strömen, die ganze Nacht üben im Bettenlager über uns erstaunlich konditionsstarke junge Menschen lautstark Vermehrungsstrategien, am Morgen schwankt man übermüdet an die frische Luft. Aber dann: 3000er, Gletscherseen, endlose Geröllflächen, in denen plötzlich braune Punkte auftauchen. Sie sind da!

Schäfer an der schönen Aussicht @ Florian Fritz
Schäfer an der schönen Aussicht @ Florian Fritz
Almabtrieb im Schnalstal @ Florian Fritz
Almabtrieb im Schnalstal @ Florian Fritz

Alle rennen los, hunderte von Menschen laufen hunderten von Schafen entgegen. Schäfer tragen neugeborene Lämmer im Arm, die während der Rast an der Hütte von ihren Mutterschafen gesäugt werden. Dann geht es den historischen schmalen Steig durch Südtiroler Steilhänge in einer endlosen Schafsschlange blökend und mähend bergab. Eine phantastische Kulisse für ein Schauspiel, das einen Hauch von Urzeit hat und ein Gefühl von Ewigkeit vermittelt. Müdigkeit? Iwo!

Platz 2: Zum Alpenglühen in den „Starlight Room“ der Dolomiten

Platz 2 gebührt einer mit roten Herzen verzierten Bettdecke, in die gekuschelt man durch beschlagene Scheiben Millionen Sterne am Himmel sieht, während ein Wärmegebläse mit ca. 110 Dezibel verhindert, dass man erfriert. Ein Wahnsinn!

Eine Winternacht im Starlight Room mit direktem Blick zum Sternenhimmel und morgendlichem Alpenglühen @ Florian Fritz
Eine Winternacht im Starlight Room mit direktem Blick zum Sternenhimmel und morgendlichem Alpenglühen @ Florian Fritz

Das Ereignis namens „StarlightRoom“ beginnt mit einem üppigen Abendmahl im Rifugio Col Gallina am Passo Falzarego. Anschließend geht es im Dunkeln mit dem Schneemobil die Piste hoch, dann rechts ab, bis man an einem verglasten Holzbau landet, der kaum größer ist als das Bett, das er beinhaltet. Bis morgen früh um 8, dann werden wir zum Frühstück abgeholt, sagt unser Fahrer, und weg ist er. Minus 10 Grad, ein sternenklarer Himmel, am Lagazuoi leuchtet das Rifugio, die Tofanen bleich im Abglanz des Mondes. Rein in die Hütte und unter die Decke, Gebläse an, Kondenswasser rinnt über die Scheiben, aber der Blick nach oben zeigt: Sterne. Sterne. Sterne. Diese Form der Romantik muss man erlebt haben.

Blick aus dem Starlight Room am Col Gallina @ Florian Fritz
Blick aus dem Starlight Room am Col Gallina @ Florian Fritz

Platz 1 Zum legendären Sonnenaufgangskonzert auf den Col Margherita

Platz 1 befindet sich nahe des Passo San Pellegrino: Die Talstation der Seilbahn Col Margherita, an einem Abend im Jahr Treffpunkt einer großen, bunten Schar von Campern und Dachzeltern, die aus ganz Italien daherkommen, die letzten weit nach Mitternacht. Es wird gegaskocht, Wein getrunken, geratscht, an Schlaf ist nicht zu denken in unserem dünnen Dachzelt. Wir waren schon am Nachmittag da, super. Jetzt erleben wir live mit, wie wir gegen Mitternacht lautstark von Wohnmobilen zurangiert werden. Wozu das alles?

Suoni delle Dolomiti, Alba delle Dolomiti am Col Margherita.

Das legendäre Sonnenaufgangskonzert findet um 6 Uhr morgens auf 2.500 m statt, ab 4 Uhr fährt die Seilbahn hunderte von Menschen nach oben, dann stolpert man im Dunkeln eine halbe Stunde auf Schotterpfad bergab im Schein einiger Fackeln, bei minus 3 Grad im August, um die Sonne über den Dolomiten aufgehen zu sehen, während die ersten Töne sphärischer Musik erklingen, eigentlich.

Denn in diesem Jahr setzt punkt halb 2 in der Nacht ein dröhnendes Gewitter ein – darf das wahr sein? Trotzdem raus aus dem klammen Schlafsack, durch den Regen zur Seilbahn. Warten. Um 3 regnet es immer noch. Irgendwann hängt der übernächtigte Ticketverkäufer ein Schild raus: Annullato.

Das war‘s. Miese Stimmung? Mitnichten. Die Italiener packen ihre Brotzeit aus, machen erst mal Picknick nachts um drei im Warteraum der Seilbahnstation. Schweigen? Wozu denn?

Es wird gegackert, palavert, das Leben geht weiter.

Wir schleichen zurück zum Auto, ab ins Zelt, gut gefüllt mit innerlichen Flüchen.

Versteht sich, dass uns um halb sechs in der Früh die Augustsonne wachkitzelt, von einem wolkenlosen azurblauen Himmel herab. Die Heimfahrt war, nun ja, eine müde Angelegenheit.

Camping vor der Seilbahn am Col Margherita @ Florian Fritz
Camping vor der Seilbahn am Col Margherita @ Florian Fritz

Es muss aber fairerweise erwähnt werden, dass wir im Jahr zuvor einen grandiosen Sonnenaufgang musikalisch untermalt serviert bekamen – allerdings ist mir da die Übernachtung nicht mehr in Erinnerung.

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