Top Ten

Teil 9: Friaul-Julisch Venetien
oder Eine Weingegend und viel, viel mehr

Wo sieht man schon eine Tropfsteinhöhle, in die angeblich der gesamte Petersdom hineinpasst? Wo steht ein schwanenweißes Schloss, dass der Erbauer und spätere Kaiser von Mexiko nie genießen konnte? Und in welcher italienischen Gegend existiert seit 1985 ein Weltweingarten mit 600 Rebsorten, aus denen alljährlich ein »Friedenswein« für Diktatoren und andere Staatenlenker gewonnen wird? In einem der Lieblingsgebiete von Eberhard Fohrer: in Friaul-Julisch Venetien. Dabei hat es dieser Landstrich dem Reisejournalisten so angetan, dass es elf »Top Ten«-Ziele wurden – es ging nicht anders.


Friaul-Julisch Venetien – Eberhard Fohrers Top Ten

Baden: Grado, Badeurlaub mit Tradition

Zum Baden ins Friaul – da gibt’s vor allem ein Ziel: Grado. Das einstige Fischerdorf liegt weit draußen in einer ausgedehnten Lagune und ist über einen kilometerlangen Autodamm zu erreichen. Bereits zur k.u.k.-Zeit genoss es einen hervorragenden Ruf als Thermalkurort, der Adel und das vermögende Bürgertum aus der Habsburger Monarchie kamen zuhauf zur Sommerfrische.
Seitdem ist Grado zu einer modernen Badestadt gewachsen, deren verwinkeltes Centro storico aber ausgezeichnet erhalten ist und komplett unter Denkmalschutz steht. Durch einen begehbaren Damm ist Grado zum Meer hin geschützt, weshalb man hier einen wunderbaren Blick auf die Häuser der ersten Reihe, aber auch auf die See hat. Authentisches Fischerleben findet man ebenfalls: am langen Hafenkanal, wo die Fischerkähne dicht an dicht festgezurrt liegen.
Zwei lange Sandstrände erstrecken sich zu beiden Seiten der Stadt, es gibt einen großen Thermalbereich, und der mit Mineralien angereicherte Sand wird für Kuranwendungen genutzt. Generell fallen die Strände sehr flach ins Wasser ab, und man kann hunderte Meter weit hinauslaufen – ideal für Kinder. Und auch an Hundebesitzer hat man gedacht und einen eigenen Strandabschnitt namens »Lido di Fido« für sie reserviert.


Besondere Besichtigung: Schloss am Meer

Das schwanenweiße Schloss am Meer (Foto: Eberhard Fohrer)
Das schwanenweiße Schloss am Meer (Foto: Eberhard Fohrer)

Kein Haus am See, nein, ein Schloss am Meer, das sollte es schon sein für Erzherzog Maximilian, seines Zeichens Bruder von Kaiser Franz Joseph von Österreich. Wie gewünscht, so getan – 1859 ließ er sich im zarten Alter von 27 mit seiner knapp 20-jährigen Gemahlin Charlotte, Tochter des belgischen Königs Leopold, an der Triestiner Riviera das hollywoodkompatible Märchenschloss Miramare errichten. Die schwierigen und kostspieligen Bauarbeiten unter dem Wiener Architekten Carl Junker überwachte er sogar höchstpersönlich. So weit, so gut – doch als das schneeweiße Habsburgerschloss mit seinem wunderschönen, kleinen Hafen und dem weitläufigen Park endlich bühnenbildgerecht auf einem Felsvorsprung direkt am Meer thronte, erreichte ihn ein Angebot von Napoléon III., Kaiser von Mexiko zu werden. Maximilian verzichtete auf die österreichische Thronfolge, stach 1864 von Miramare aus in See, wurde aber nach dem Abzug der Franzosen im Bürgerkrieg gegen die mexikanische Nationalbewegung unter Benito Juárez gefangen genommen und 1867 von den Aufständischen erschossen … Das Märchen von Miramare fand nicht statt, seine Gattin verfiel in geistige Umnachtung, kehrte nach Europa zurück und lebte dort noch sechzig Jahre.
Für uns Nachgeborene sind heute die großen, lichten Räume mit ihrem wertvollen historischen Mobiliar zu besichtigen – und diese sollte man sich nicht entgehen lassen, denn viel stilvoller und attraktiver kann ein Schloss eigentlich nicht sein. Ein Bummel durch den weitläufigen Park rundet das Erlebnis bestens ab.
Schloss Miramare ist ganzjährig täglich 9-19 Uhr geöffnet, Eintritt ca. 8 €, 18-25 Jahre 5 €, unter 18 Jahren frei, www.castello-miramare.it.


Skurril: Von Uhren und Sonnenuhren

Eine von 50 Sonnenuhren in Aiello del Friuli (Foto: Eberhard Fohrer)
Eine von 50 Sonnenuhren in Aiello del Friuli (Foto: Eberhard Fohrer)

Die fleißigen Bewohner des Val Pesarina im alpinen Norden des Friaul sind im ganzen Land als Uhrmacher bekannt, denn die Firma Solari (www.solari.it) produziert hier bereits seit dem frühen 18. Jahrhundert mannigfache Chronometer und exportiert sie in alle Welt. Im Uhrendorf Pesariis wird dem Gast die Vielfalt der tickenden Kunstwerke bildlich vorgeführt. So kann man auf dem »Weg der Monumentaluhren« zwölf unterschiedliche Großuhren kennenlernen, darunter eine Wasserbeckenuhr, eine frühe Digitaluhr (1939), eine Planetenuhr und eine Uhr mit Glockenspiel aus den 50er-Jahren.
Mehr Uhr geht nicht, denkt man sich – doch! Im Dorf Aiello del Friuli (www.ilpaesedellemeridiane.com) nahe der Adriaküste wird man eines Besseren belehrt. Dort wurden in den letzten Jahren nämlich über 50 Sonnenuhren konstruiert, die sowohl künstlerisch als auch handwerklich herausragend sind. Die ästhetischen Unikate sind über den ganzen Ort verteilt, mal offensichtlich, mal versteckt – macht Spaß, sie aufzuspüren und danach kann man in einem Museum mit dem ausladenden Namen »Museo della Civiltà Contadina nel Friuli Imperiale« noch zwölf weitere Sonnenuhren unterschiedlichster Art bewundern.
Museo della Civiltà Contadina nel Friuli Imperiale, Via Petrarca 1, geöffnet nur So 15-18 Uhr, Eintritt ca. 5 €.


Einkaufen: Der Wein des Friedens

Angefüllt und zum Verkauf bereit – der friulanische Friedenswein (Foto: Eberhard Fohrer)
Angefüllt und zum Verkauf bereit – der friulanische Friedenswein (Foto: Eberhard Fohrer)

Das Städtchen Cormòns liegt südöstlich von Udine und ist Mittelpunkt der DOC-Weinbaugebiete »Collio« und »Isonzo«. Viele der berühmten friulanischen Weinweine werden hier und in der Umgebung produziert.
Etwas ganz Besonderes hat sich die Kellerei der Weinproduzenten von Cormòns (Cantina Produttori Cormòns) an der südlichen Ausfallstraße der Stadt nach Mariano del Friuli einfallen lassen: Der ganze Geschmack der Erde in einem Glas – diesen kühnen Traum wollten die 200 Winzer vor über 20 Jahren verwirklichen. Mit ihrem ehrgeizigen Kellermeister Luigi Soini bauten sie dafür rund um den Betrieb Reben aus fünf Kontinenten an, quasi als Symbol für die Einheit der Welt, und gewinnen seitdem daraus alljährlich den Friedenswein »Vino della Pace«.
Mittlerweile besteht der Weltweingarten aus fast 600 verschiedenen Rebsorten, die aus allen 55 Wein produzierenden Staaten stammen. Namhafte Künstler gestalten jedes Jahr das Flaschenetikett neu. Die erste Lese fand 1985 statt. 500 Personen nahmen daran teil, darunter 70 Hochschüler aus aller Welt, die damals im United World College in Duino an der friulanischen Adria studierten. Das Ergebnis war ein lieblicher und geschmeidiger Wein, eine Metapher für den »Geschmack unserer Erde«, so die Botschaft der Cantina Produttori Cormòns. Jedes Jahr nach der Ernte werden allen Staatsoberhäuptern der Welt (über 200) drei Flaschen zugesandt, dazu findet in Cormòns die »Festa Provinciale dell’uva« statt.
In der kellereieigenen Enoteca »La Vigna del Mondo« kann man den Vino della Pace verschiedener Jahrgänge erwerben. 20 bis 30 Euro muss man dafür aber schon anlegen …
Enoteca La Vigna del Mondo, Mo-Sa 8.30-12.30 und 15-19 Uhr, So geschlossen. Via Vino della Pace 31, www.cormons.com.


Schönste Stadt: Triest oder Europas größter Platz am Meer

Imposant ist Triest nicht nur an Europas größtem Platz am Meer (Foto: Eberhard Fohrer)
Imposant ist Triest nicht nur an Europas größtem Platz am Meer (Foto: Eberhard Fohrer)

Die Hauptstadt der Region Friaul-Julisch Venetien ist die östlichste Großstadt Italiens und die nördlichste Stadt am Mittelmeer. Eingeschlossen von karstigen Kalkhängen liegt die 200.000-Einwohner-Kapitale in einer halbkreisförmigen Bucht, nur wenige Kilometer vor der slowenischen Grenze.
Das Zentrum Triests ist in effektvollen klassizistischen Linien gestaltet, zahlreiche monumentale Bauten aus Eklektizismus, Jugendstil und Neugotik spiegeln die Bedeutung der Handelsstadt im 18. und 19. Jahrhundert, als sie unter den Habsburgern ein wichtiger Freihafen war. Als Zeichen von Reichtum und »Grandezza« entstanden damals prächtige Palazzi, u. a. die Börse, die Theater und das auch heute noch anerkannt gute Opernhaus. Triest stieg zur bedeutenden Kulturmetropole an der Nahtstelle zwischen Ost und West empor und lag gleichzeitig im Herzen Europas; Schriftsteller wie James Joyce, Italo Svevo und Umberto Saba machten es zu einer Hochburg der Literatur – mit den Worten von Claudio Magris, dem bedeutendsten derzeit lebenden Triestiner Schriftsteller, sogar zur »literarischen Hauptstadt Mitteleuropas«.
Ein weiteres Sinnbild von Triests einstiger Bedeutung ist die Piazza dell’Unità d’Italia, Europas größter Platz am Meer. Er ist der durch und durch repräsentative Mittelpunkt der Stadt, wunderbar weit und offen angelegt und abends wirkungsvoll illuminiert – ein Platz zum Verweilen und Schauen. Prachtvolle Bauten umrahmen ihn: links vorne steht der Palazzo del Governo mit kunstvollen, golddurchwirkten Fassadenmosaiken aus Muranoglas, erbaut Anfang des 20. Jahrhunderts und damals Sitz des habsburgischen Statthalters, daneben der Palazzo Stratti mit dem Caffè degli Specchi (Spiegelcafé), rechts vorne der Palazzo Llyod Triestino (heute Sitz der Regionalregierung), danach das Hotel Duchi d’Aosta und der barocke Palazzo Pitteri. An der Landseite zieht der höchst imposante Palazzo del Municipio mit seiner großartigen Fassadenkonstruktion alle Blicke auf sich. Davor erhebt sich ein hoher Brunnen, dessen Statuen die vier Kontinente darstellen.
Auch im 21. Jahrhundert pflegt der einstmals wichtigste Mittelmeerhafen der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn seine Traditionen: Die pittoreske Mischung aus riesigen Hafendocks, prächtigen Palästen der k.u.k.-Monarchie und Kaffeehausromantik prägt das Ambiente bis heute, ihre wechselvolle Geschichte hat das Gesicht der Stadt gezeichnet. Ungarische, slawische und vor allem österreichische Einflüsse sind spürbar: in der Architektur, im alltäglichen Leben, in Kunst und Literatur, nicht zuletzt aber auch in der Küche.


Erlebnis: Grotta Gigante, eine Höhle für den Petersdom

Die mit fast 300 m Länge und 107 m Höhe zu den größten Einraum-Grotten der Welt zählende Tropfsteinhöhle (angeblich passt der gesamte Petersdom hinein!) liegt bei Borgo Grotta Gigante, etwa 3 km nordwestlich von Opicina und 15 km nördlich von Triest. Entstanden ist die schon wegen ihrer gewaltigen Ausmaße in höchstem Maß faszinierende Höhle durch den unterirdischen Verlauf des Flusses Timavo. Entdeckt wurde sie 1840, und seit 1908 wird sie von Naturinteressierten besucht.
Auf langen Treppen steigt man hinunter in den stimmungsvoll ausgeleuchteten Höhlensaal und auf der anderen Seite wieder hinauf. Die enorme Höhe der laut Guinness-Buch der Rekorde »größten touristischen Höhle der Welt« wird auch wissenschaftlich genutzt, denn zwischen Gewölbe und Höhlengrund sind die zwei längsten Messpendel der Welt befestigt, die hier – eingefasst in Schutzmäntel aus Kunststoff – ungestört von atmosphärischen Einflüssen seismische Bewegungen kontrollieren.
Führungen jeweils zur vollen Stunde, April bis Sept. Di-Sa 10-18 Uhr (Juli/August auch Mo), Okt. bis März 10-16 Uhr, Mo geschlossen; Eintritt ca. 12 €, Stud. bis 26 J. und über 65 J. 9 €, 6-16 J. 8 € (gratis mit FVG-Card, www.turismofvg.it). www.grottagigante.it.


Kunstgenuss: Weltkulturerbe Aquileia

Aquileia oder Ein Mosaik von 760 Quadratmetern (Foto: Eberhard Fohrer)
Aquileia oder Ein Mosaik von 760 Quadratmetern (Foto: Eberhard Fohrer)

Das verschlafene Dörfchen am stillen Fluss hat gerade mal 3000 Einwohner – und besitzt doch eine monumentale Basilika mit einem einzigartigen Mosaikboden, ist die wichtigste römische Ausgrabung im Nordosten Italiens und gehört seit 1998 zum Kulturerbe der Unesco. Was man heute kaum noch erahnen kann – das antike Aquileia war wirtschaftliches Zentrum der oberen Adria und zeitweise eine der größten Handelsstädte des römischen Imperiums. Über 100.000 Einwohner lebten hier und trieben über ihren Meereshafen, das heutige Grado, Handel mit dem östlichen Mittelmeer und dem germanischen Norden.
Auch in frühchristlicher Zeit konnte Aquileia seine Bedeutung behalten und spielte als Sitz eines Bischofs (der sich später »Patriarch« von Aquileia nannte) eine Vorreiterrolle in der Ausbreitung des Christentums, bis Attilas Hunnen im 5. Jahrhundert die Stadt dem Erdboden gleichmachten. Im 11. Jahrhundert kam Aquileia unter dem Patriarchen Poppone zeitweise nochmals zu neuer Blüte, damals entstand die imposante romanische Basilika, die jedoch auf Vorgängerbauten steht, die bis in frühe 4. Jahrhundert zurückreichen. Aus dieser frühen Zeit stammt auch der wellige Mosaikboden, der sich über die ganze Länge des Kirchenschiffs zieht. Mit seinen 760 Quadratmetern gilt er als das bedeutendste und größte frühchristliche Mosaik Europas. Entdeckt wurde er erst Anfang des 20. Jahrhunderts – beim Umbau im Mittelalter hatte man einfach einen zweiten Boden über das Meisterwerk gezogen … Von gläsernen Stegen aus kann man die Bildwerke genauer betrachten. Dargestellt sind vor allem Meeresszenen in erstaunlich realistischer Weise, u. a. Engel und Apostel, die auf Fischfang gehen (bekannte christliche Symbolik), die Episoden um Jonas, der von einem Ungeheuer verschlungen (Tod Christi) und wieder ausgespien wird (Auferstehung), der Kampf von Hahn (Christus) und Schildkröte (Mächte der Finsternis), außerdem Fische und Meerestiere aller Art.
Wer mag, kann als krönenden Abschluss den 73 m hohen, freistehenden Torre Campanile (Glockenturm) besteigen, wo man die römischen Ausgrabungen von Aquileia bestens aus der Vogelperspektive betrachten kann.
Die Basilika ist April bis September täglich 9-19 Uhr geöffnet, März und Oktober 9-18 Uhr und Nov. bis Febr. 10-16 Uhr (Sa/So 9-17 Uhr). Wegen Messe ist sie nicht zugänglich Sa 17.30-19 und So 10-11.30 Uhr. Der Torre Campanile (Eintritt ca. 2 €) kann von April bis September täglich 9-13.30, 15.30-18.30 Uhr bestiegen werden, im Okt. nur Sa/So 10-17 Uhr, November bis März ist geschlossen.


Panoramablick: Weinpause mit Blick

Die Weinbauhügel des Friaul im Blick (Foto: Eberhard Fohrer)
Die Weinbauhügel des Friaul im Blick (Foto: Eberhard Fohrer)

Das beschauliche 3.000-Einwohner-Städtchen Nimis liegt ein wenig nördlich von der einstigen Patriarchenstadt Udine und ist ein wichtiges Weinbauzentrum der »Colli Orientali del Friuli«. Vor allem der goldgelbe Süßwein Ramandolo wird hier angebaut, der als erster friulanischer Wein das begehrte Prädikat »cru« (Ursprungszeugnis für Wein aus einer bestimmten Lage) erhielt und mittlerweile auch DOCG-Status hat.
Wenn man Nimis nach Norden verlässt, steigt die Straße kurvig ins Hügelland an. Vorbei an den Weinproduzenten »Comelli« (mit Einkehrmöglichkeit) und »Anna Bera« erreicht man einen Parkplatz mit dem Kirchlein Chiesetta di San Giovanni Battista aus dem 15. Jahrhundert. In bestechender Lage kann man dort unter hundertjährigen Kastanienbäumen in der »Osteria di Ramandolo« sitzen, Aufschnitt und die friulanische Spezialität Frico kosten und dabei den herrlichen Panoramablick auf Nimis und seine großen Rebfelder genießen – sicherlich einer der schönsten Orte in den Weinbauhügeln des Friaul.
Osteria di Ramandolo, Via Ramandolo 22, Mo geschlossen.


Nationaldenkmal: Erdbeben in Venzone

Die bewusst belassene Erdbebenruine der ehemals zweiten Hauptkirche (Foto: Eberhard Fohrer)
Die bewusst belassene Erdbebenruine der ehemals zweiten Hauptkirche (Foto: Eberhard Fohrer)

Der 6. Mai 1976 war im Friaul ein besonderes Datum, denn vor genau 40 Jahren ereignete sich an diesem Tag ein schweres Erdbeben. Das Epizentrum des Bebens mit einer Stärke von 6,5 auf der Richter-Skala lag nördlich von Udine um die Städte Gemona und Venzone. Am 15. September folgte ein heftiges Nachbeben und vollendete das Vernichtungswerk. Die Schäden waren verheerend: In 17 Gemeinden wurden etwa 20.000 Wohnungen zerstört und mehr als 50.000 weitere schwer beschädigt, fast 1.000 Menschen starben, 110.000 wurden obdachlos.
Besonders schwer wurde das malerische 3.000-Einwohner-Städtchen Venzone mit seiner imposanten mittelalterlichen Doppelmauer aus weißgrauem Kalkstein getroffen. Bereits 1965 war es zum Nationaldenkmal ernannt worden, doch die zwei Erdbeben zerstörten die Altstadt völlig. Kaum ein Haus blieb stehen, und auch die beiden großen Kirchen, die Brücken und fast alle Türme der Stadtmauer brachen in sich zusammen …
Doch das Wunder geschah: Viel Geld floss in die Region, und innerhalb von zehn Jahren wurde Venzone mit einer eigens dafür entwickelten Technik wieder detailgetreu aufgebaut, teilweise sogar unter Verwendung des früheren Mauerwerks. So bummelt man heute durch ein durch und durch idyllisches Städtchen, betrachtet im gotischen Palazzo Comunale auf der weiten, offenen Piazza Municipio eine Fotodokumentation zur Zerstörung und den Aufbauarbeiten, kann im Museo Tiere Motus (Erdbebenmuseum) eine Dokumentation zum Erdbeben sehen und im großen Dom Sant’Andrea Apostolo den noch immer unfertig wirkenden Innenraum mit Rissen und bloßem Mauerwerk in sich aufnehmen.
Höchst gespenstisch wirkt die Ruine der zweiten Hauptkirche San Giovanni Battista – sie wurde nicht wieder aufgebaut, sondern blieb als Mahnmal für die Schrecken der Beben stehen.


Essen & Trinken: Deftige Buffets oder Sterneküche im Hinterland

Eines der deftigen Buffets, das an die Habsburgerzeit erinnert (Foto: Eberhard Fohrer)
Eines der deftigen Buffets, das an die Habsburgerzeit erinnert (Foto: Eberhard Fohrer)

In der Triestiner Küche mischen sich venezianische, friulanische, ungarische, slawische, jüdische, griechische und österreichische Einflüsse. Neben den üblichen italienischen Gerichten stehen auch Semmelknödel, porzina (Kaiserfleisch) und Prager Schinken, Schweinefleisch und Wiener Schnitzel, Wild mit Polenta, Gulasch und jota, eine slowenische dicke Bohnensuppe, auf den Speisekarten. Wer wenig Geld ausgeben, aber trotzdem gut und reichlich essen möchte, sollte in Triest eins der so genannten »Buffets« aufsuchen, z. B. »Da Giovanni« (Via San Lazzaro 14), »Da Pepi« (Via della Cassa di Risparmio 3) oder »Da Rudy« (Via Valdirivo 32), wo hauptsächlich Schweinefleisch in allen erdenklichen Varianten angeboten wird, ein Überbleibsel aus der Zeit, als Triest zum Habsburgerreich gehörte. Hier steht man ungezwungen am Tresen und nimmt eine Jause (»rebechin« oder »merenda«) ein, kann aber auch an einem der wenigen Tische Platz nehmen und trinkt dazu einen frisch vom Fass gezapften Terrano, den erdigen, dunkelroten Wein aus dem Karst. Vor allem zur »Aperitivo«-Zeit ab etwa 18 Uhr geht es oft hoch her.
Ganz anders im »Agli Amici« im unscheinbaren Vorort Godia, wenige Kilometer nordwestlich von Udine, denn dort liegt das einzige Restaurant in Friaul-Julisch Venetien, das sich zwei Michelin-Sterne erkämpft hat! Schon seit 1887 betreibt Familie Scarello das Haus, das Geschwisterpaar Michela und Emanuele hat sich durch ihre Molekularküche mit ausgezeichneten lokalen Produkten einen Namen gemacht, ergänzt durch eine fantastische Weinliste. Ein Besuch bedeutet ein echtes Gourmeterlebnis ohne Abstriche! Das sieben- bis neungängige Degustationsmenü kostet ca. 90 €, mit Wein ca. 120 €. Via Liguria 250, Tel. 0432-565411, www.agliamici.it (So-Abend u. Mo geschlossen).


Übernachten: Wohnen im Weinland und am Meer

Authentisches Fischerleben in Grado (Foto: Eberhard Fohrer)
Authentisches Fischerleben in Grado (Foto: Eberhard Fohrer)

Von den üppigen Rebhängen der Colli Orientali del Friuli hinunter an die Sandstrände der Adria. Angenehmes Wohnen gehört zu einer solchen Tour unbedingt dazu, hier ein paar Tipps:
Auf ihrem Weingut »Tenuta Luisa« südlich von Cormòns vermietet Familie Luisa drei DZ, sieben Apartments und eine Junior-Suite, die alle geschmackvoll und mit Liebe zum Detail eingerichtet sind. Federika kümmert sich hervorragend um ihre Gäste und spricht Deutsch. Sehr gut essen kann man im nahe gelegenen Restaurant »Al Piave«. DZ/Frühstück ca. 80-100 €, Apt./Frühstück ca. 115 €.
Tenuta Luisa, Via Campo Sportivo 13, I-34070 Mariano del Friuli, Tel. 0481-69680, www.tenutaluisa.it.
Am nördlichen Ortsausgang von Nimis liegt der Weinhof »I Comelli«, ein Familienbetrieb und seit Generationen in einem alten, renovierten Gebäude mit pittoreskem Fogolar (Grillofen). Fünf hübsche Zimmer werden vermietet, man isst gut und günstig, sitzt dazu schön auf der Terrasse vor dem Haus. Wein und Olivenöl können verkostet werden. DZ/Frühstück ca. 65-70 €.
I Comelli, Largo Armando Diaz 8, I-33045 Nimis, Tel. 0432-790685, www.icomelli.com.
Näher am Meer geht in der Badestadt Grado nicht: In der Villa Marin (*) wohnt man direkt am Damm vor der Altstadt und genießt den Panoramablick und das gute Essen. Meerseite buchen! DZ/Frühstück ca. 100-126 €.
Villa Marin, Via dei Provveditori 20, I-34073 Grado, Tel. 0431-80789, www.villamarin.it.
Ebenfalls in Grado und preisgünstige Alternative zu den großen Hotels in Meernähe: Das »Meublè Tripoli« (**) liegt ruhig auf der Isola della Schiusa, ca. 10 Fußminuten vom Centro storico. Die freundliche Familie Zorzini (Herr Zorzini spricht fließend Deutsch) vermietet hier Zimmer mit Klimaanlage, TV (viele deutsche Sender), Kühlschrank und schönem Blick auf die Lagune. DZ/Frühstück ca. 70-80 €.
Meublè Tripoli, Riva Garibaldi 17, I-34073 Grado, Tel. 333-9511978, www.meubletripoli.it.
Wohnen im Grünen bei Triest: Die »Villa Fausta« ist eine historische Villa in einem großen Garten mit prächtigem Baumbestand. Die herzlichen Gastgeber Nicoletta und Sergio vermieten geschmackvoll eingerichtete Zimmer mit modernen Bädern. Nicoletta war früher Übersetzerin, spricht perfekt Deutsch und gibt gerne Tipps zu Triest und Umgebung. Sehr gut ist das Frühstück im Salon. 20 Fußminuten ins Zentrum, auch Busverbindung. DZ/Frühstück ca. 80-95 €.
Villa Fausta, Salita di Gretta 5, Tel. 040-415252, www.villafausta-trieste.com.

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