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»Oui, Chef!«

Welche Strapazen nimmt ein Autor nicht auf sich, damit seine Bücher ihren Weg in die Spiegel-Bestsellerlisten finden? Als unser Autor Ralf Nestmeyer im April eine Pressereise mit mehreren Journalisten ins Département Var begleitete, wo er ihnen die schönsten Wandertouren seines neuen MM-Wanderführers »Provence« (1. Auflage 2009) zeigen wollte, fand er sich unverhofft zum »Küchendienst« eingeteilt …

Porträt eines Mannes in Schwarzweiß. Er hat einen glatzköpfigen Kopf und trägt ein dunkles T-Shirt. Sein Gesichtsausdruck wirkt nachdenklich, er blickt direkt in die Kamera. Das Bild ist schlicht gehalten mit einem Fokus auf das Gesicht des Mannes.


Mit einem zackigen »Oui, Chef!« reichte Johann seinem Küchenchef die erwünschte Flasche Olivenöl und begann sofort, den Tisch für die weiteren Arbeitsschritte vorzubereiten. Ich sah an meiner Kochschürze hinunter und schnell wurde mir klar, dass es in einer Gourmetküche eine eindeutige Hackordnung gibt, die keinen Widerspruch duldet. Die beiden Lehrlinge Johann und Renaud assistierten ihrem Meister so geduldig wie fügsam und quittierten jede Aufforderung mit einem schnittigen »Oui, Chef!«.
Ja, ja, hier wehte ein anderer Wind. Glücklicherweise hatte ich mich mit meinen Journalistenkollegen freiwillig eingefunden, um am letzten Vormittag, bevor wir am Abend von Marseille zurückfliegen sollten, die Zubereitung beliebter provenzalischer Vorspeisen zu erlernen. Eine Tapenade, eine Anchoiade sowie ein Zwiebelkuchen und mit Knoblauch überbackene Tomatenstreifen standen auf dem Programm.


Unter den wachsamen Augen des Sternekochs

Ein Koch in weißer Schürze bereitet konzentriert Zutaten auf einer Holztischplatte zu. Im Hintergrund steht eine Person, die ihm möglicherweise assistiert. Die Küche ist rustikal eingerichtet mit einem Wandbild aus hellen Ziegeln. Das Bild vermittelt den Eindruck von handwerklicher Zubereitung und kulinarischer Leidenschaft.
Der Stichwortgeber und Sternekoch René Bérard

Unweit seines Hotels hat Chefkoch René Bérard in seiner »Bastide des Saveurs« eine Lehrküche eingerichtet, um in diesem herrlichen Landhaus aus dem 19. Jahrhundert regelmäßig Kochkurse mit bis zu zwölf Teilnehmern zu veranstalten. Jetzt standen wir um einen lang gestreckten Tisch herum und schnippelten Gemüse und schälten Tomaten sowie Fenchel unter den wachsamen Augen von Monsieur Bérard. Der verstand sein Handwerk: Dass René Bérard, dessen Restaurant von den Michelin-Testern seit Jahren mit einem Stern bewertet wird, ein Meister seiner Zunft ist, hatten wir bereits am Vorabend in der Hostellerie Bérard bei einem vorzüglichen 5-Gänge-Menü erleben dürfen. Jetzt hatte jeder von uns sein Schneidebrett und sein Aufgabengebiet, wobei die Zutaten selbstverständlich aus dem eigenen Kräuter- und Gemüsegarten der Bastide stammten. Nachdem ich bereits Tomaten enthäutet hatte, war ich nun der Rohkostfraktion zugeteilt und hatte die ehrenvolle Aufgabe, Blumenkohl, Karotten und Fenchel in mundgerecht Stücke und Streifen zu schneiden, die hinterher in die Tapenade und die Anchoiade gedippt werden sollten.

Ein Koch in einer weißen Schürze hält ein Messer und schneidet Gemüse. Die Hände sind im Fokus, während sie präzise arbeiten. Es wirkt wie eine Demonstration oder Vorbereitung eines Gerichts. Der Hintergrund ist unscharf und lässt den Schwerpunkt auf die Kochtechnik legen.
Fäden ziehen einmal anders oder Fenchel schälen will gelernt sein

Eine einfache Aufgabe? Nein, denn mit einem freundlichen, aber bestimmenden Fingerzeig wurde ich ermahnt, beim Fenchelschälen auch die kleinen Fäden abzuziehen. Eine kurze, fingerfertige Demonstration folgte vom Chefkoch persönlich – und ich nickte, um meine Lernwilligkeit zu demonstrieren, während ich in Gedanken ein »Oui, Chef!« hinterherschickte.




In der Hitze der Küche

Drei Männer stehen an einem Holztisch und arbeiten gemeinsam an einer Teigrolle. Sie tragen Schürzen und scheinen beim Brotbacken zu helfen. Im Hintergrund sind Regale mit Gegenständen erkennbar. Die Szene vermittelt eine Atmosphäre von gemeinschaftlicher Handwerkskunst.
Journalisten beim Ausrollen des Zwiebelkuchenteigs

Meine Kollegen bereiteten inzwischen den Zwiebelkuchen und das Knoblauchpüree vor, wobei Monsieur Bérard die einzelnen Schritte genau erklärte und Tipps gab. So muss man die Knoblauchzehen beim Blanchieren unbedingt dreimal eine Minute aufkochen und das Wasser hinterher jedes Mal abgießen, da der Geschmack des Knoblauchpürees dadurch wesentlich milder wird; wir überzeugten uns mit einer Kostprobe. Dank Johann und Renaud waren die einzelnen Arbeitsgänge jeweils perfekt vorbereitet, bevor der Meister persönlich das Ganze in einer Küchenmaschine zu einer Paste verarbeitete. Erfreulicherweise nahm mich meine Tätigkeit nicht allzu sehr in Anspruch, so dass mir noch genug Zeit blieb, die Rezepte für die Tapenade und die Anchoiade zu notieren.

Ein Koch in weißer Schürze gibt einer Gruppe von Personen Anweisungen beim Kochen. Sie stehen um einen großen Holztisch, auf dem verschiedene Zutaten liegen. Es scheint sich um einen Kochkurs oder eine ähnliche Veranstaltung zu handeln. Die Atmosphäre wirkt freundlich und einladend.
Die Maestros bei der Arbeit
Ein älterer Mann in Kochschürze steht lächelnd in einer Küche. Er hält eine Pizza mit Gemüse darauf in der Hand. Im Hintergrund sind weitere Personen und Tische zu sehen, was auf eine lebhafte Atmosphäre hindeutet. Das Bild vermittelt den Eindruck von hausgemachter italienischer Küche.
Der Küchen-Tüv – die Inspektion von Gemüse

Mit einem kühlen Roséwein aus Bandol prosteten wir uns nach getaner Arbeit zu und es hätte nicht viel gefehlt, und die versammelte Journalistenschar hätte René Bérards Aufforderung, jetzt endlich zuzugreifen und von der Tapenade zu probieren, mit einem »Oui, Chef!« salutiert. Vor allem dieser für uns ungewöhnlich strenge Umgangston in einer Gourmetküche sorgte für den restlichen Tag bis zum Abflug noch für reichlich Gesprächsstoff. Er lässt sich dadurch erklären, dass man sich in der Hektik und Hitze eines Restaurants nur so sicher sein kann, dass das Zusammenspiel der einzelnen Zubereitungsprozesse reibungslos und umgehend funktioniert. Und als das Flugzeug über den Alpenkamm hinweg flog, träumte ich davon, wie meine Anweisungen am heimischen Herd fortan auch mit einem widerspruchslosen »Oui, Chef!« ausgeführt werden …


Weitere Informationen:

Hostellerie Bérard
La Cadière d’Azur
Tel. 0033/494901143

  1. www.hotel-berard.com

Tapenade:
6-9 Sardellenfilets und 50 gr. Kapern so klein wie möglich schneiden, nachher zusammen mit 300 gr. schwarzen (entsteinten) Oliven in einer Küchenmaschine zu einer Paste reduzieren. Dann einen Teelöffel von dem Püree aus zuvor blanchierten und zerdrückten Knoblauchzehen daruntermischen und das Ganze je nach gewünschter Konsistenz mit etwas Olivenöl verfeinern. Anschließend mit gerösteten Baguettescheiben servieren.

Anchoiade:
300 gr. Sardellenfilet in einer Küchenmaschine zu einer Paste verarbeiten, ganz langsam einen halben Liter Olivenöl zugeben. Dann sechs Teelöffel von den zuvor blanchierten und zu einem Püree zerdrückten Knoblauchzehen sowie zwei Teelöffel Dijonsenf und drei Teelöffel Rotweinessig dazugeben. Anschließend noch zwei Teelöffel klein geschnittenes Basilikum darunter rühren und mit Gemüsestreifen (Blumenkohl, Karotten, Fenchel, Sellerie) servieren.

Bon Appetit!

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